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Druck durch Bush?

Anti-Apartheidbewegung hält neue Südafrika-Politik der USA für möglich / Ablösung von US-Beauftragtem Cracker erwartet  ■  Aus Johannesburg S.Johnson

Die südafrikanische Oppositionszeitung 'Weekly Mail‘ ist bis Ende November verboten worden. Die taz veröffentlicht in dieser Zeit Artikel von 'Weekly Mail'-Redakteuren, die in Südafrika nicht erscheinen können.

Die Seufzer der Erleichterung in Pretoria nach dem Sieg von George Bush in den US-Präsidentschaftswahlen und das Stöhnen der Enttäuschung in der Anti-Apartheid-Bewegung sind verfrüht. Tatsächlich könnten die Bemühungen, neue Sanktionen zu verhängen und Druck auf die südafrikanische Regierung zur Abschaffung der Apartheid auszuüben, stärker als bisher werden.

Südafrika spielt eine Schlüsselrolle in der US-Politik, und sowohl die Regierung als auch Widerstandsführer haben die Wahlen besonders genau beobachtet und sich schon vorher Gedanken über eine mögliche radikale Richtungsänderung unter dem Demokraten Michael Dukakis gemacht. Das ist nicht geschehen. Doch „für Pretoria bedeutet das wenig“, sagt Andre du Pisani vom südafrikanischen Institut für internationale Angelegenheiten. Die Gewinne, die die Demokraten sowohl im Kongreß als auch im Senat verzeichnen konnten, bedeuten du Pisani zufolge, daß „sie den Präsidenten innerhalb der nächsten fünf Monate mit einer wichtigen Frage auf die Probe stellen werden - und mir fällt nichts Wahrscheinlicheres ein, als daß es um Sanktionen gegen Südafrika gehen wird“.

Auch der anglikanische Erzbischof Desmond Tutu scheint der Meinung zu sein, daß die Wahl von Bush neue Möglichkeiten für zusätzlichen Druck auf Südafrika eröffnen könnte. „Wir sollten abwarten, bis sich herausstellt, ob Bush die nachgiebige Einstellung der Reagan-Administration Südafrika gegenüber aufgibt“, sagte Tutu diese Woche. „Ich selbst hoffe, daß die Leute im Außenministerium, die mit Südafrika zu tun haben, ausgetauscht werden.“

Tatsächlich wird erwartet, daß der Afrika-Beauftragte Chester Crocker nach dem Abschluß der derzeitigen Verhandlungen über Namibia und Angola ersetzt werden wird. „Crocker war die Mutter und Hebamme der Politik des konstruktiven Engagements in Südafrika“, sagt Professor Peter Vale, Direktor des Instituts für Wirtschaftsforschung an der Universität Rhodes in Grahamstown. „Niemand weiß bisher, wie Bush und Margaret Thatcher miteinander auskommen werden“, meint er. „Ich wäre nicht überrascht, wenn sie sich im südlichen Afrika mehr profilierte. Womöglich werden die wichtigsten Initiativen jetzt aus London statt Washington kommen.“

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