: Letzter perverser Versuch
■ SPD-Frauen gegen gen-Manipulationen, Reproduktionstechniken und das Embryonenschutzgesetz
„Eindeutige Voten“ seien nötig, sagte die Bremer Hochschullehrerin Dorothea Brockmann nach ihrem Vortrag über Reproduktionsmedizin und Gentechnik, politische Signale der Nichtakzeptanz müßten gesetzt werden, damit der blindwütige Forschungsfortschritt gestoppt und überhaupt erstmal diskutiert werden könne. Und: Die Beweispflicht, daß die neuen Techniken sich nicht sozial schädlich auswirkten, müßte von den Frauen, denen man sie zuschiebe, zurückverwiesen werden an die Ärzte und an die Industrie. Sie müßten zu Verantwortlichen und gegebenenfalls zu Schuldigen gemacht werden.
Die versammelten 40 Delegiertinnen der Bremer ASF (Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen) setzten ein so deutliches Zeichen, daß sie „jegliche gen-technische Manipulationen an Lebewesen und Viren“ bei einer Enthaltung ablehnten und den Zusatz „ohne vorherigen Nachweis der Sozial- und Umweltverträglichkeit“ strichen. Gleichzeitig lehnt die ASF die neuen Reproduktionstechniken und das geplante Embryonenschutzgesetz ab und fordert eine „umfangreiche Ursachenforschung der zunehmenden Un
fruchtbarkeit bei Frauen und Männern.“
Brockmanns Vortrag hatte den schwankenden Boden skizziert, auf dem Medizin und Forschung so sicher wandeln, daß sie 'unfruchtbare‘ Frauen jahrelang hormonbehandeln und die Folgen nicht kennen, sowenig wie die des Einfrierens von Eiern und Samen. Die späten Folgen der schwangerschaftsstabilisierenden Hormonbehandlung von Frauen in den 50er Jahren hätten wissenschaftliche Forschungen erst jetzt gezeigt: die Unfruchtbarkeit der Kinder.
Von der gentechnischen Untersuchung des Fruchtwassers (Amniozentese), mit der Frauen von schweren Mißbildungen ihrer Kinder früh erfahren, erwähnte Brockmann nur die Nachteile. Dies und die Kompliziertheit des Themas machte es den Delegiertinnen leicht, sich auf einen schlichten Nenner zu verständigen.
„Es ist der letzte perverse Versuch“, rief eine Frau, „Menschen, Tiere und Pflanzen anzupassen an die Verwertungsbedingungen und die verseuchte Umwelt.“ Die Zeichen der fundamentalen Verneinung sind in der Tat die eindeutigsten.
Uta Stolle
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