: FDP will reihenweise Methadon
■ FDP-Bürgerschaftsantrag für ein Methadonprogramm vorgestellt / Zugangsschwelle erheblich senken / Breites Methadonprogramm gegen Kriminalität und Bürgerangst
„Natürlich... das Stichwort 'Verelendung der Süchtigen‘ gehört auch mit auf die Liste“, fiel nach einer geschlagenen Stunde Pressekonferenz und auch erst auf Nachfrage dem FDP-Abgeordneten Friedrich van Nispen ein. Was ihm zur Begründung des FDP-Methadonprogramms dagegen sofort eingefallen war: „Der Bürger entwickelt massive Angst„; die Beschaffungs-Kriminalität steige immer stärker an, besonders die Tag-Einbrüche; bundesweit betrügen die „volkswirtschaftlichen Schäden“ schon rund 15 Milliarden Mark; auch die Gewerkschaft der Polizei warne „vor der Bedrohung unserer Gesellschaft“.
Ein bremisches Methadon-Programm nach nordrhein -westfälischem Muster, abgewandelt durch eine drastische Senkung der Zugangsschwelle zum Hero
in-Ersatzstoff Methadon, soll künftig „Staat und Gesellschaft erleichtern“. Mit ihrem Bürgerschafts-Antrag will die FDP gleich reihenweise Süchtigen Methadon anbieten
-als ein Therapieangebot unter anderen. Auch „polytoxomane“ Süchtige, das heißt solche, die gleich mehrere verschiedene Drogen nehmen, sollen ins Methadon-Programm aufgenommen werden dürfen; nicht mehr zwei, sondern nur noch eine vergebliche Abstinenz-Therapie soll - nicht einmal als Muß -Vorschrift - reichen; das Zugangsalter soll zukünftig 18 statt 22 Jahren betragen.
Daß die städtische Drogenberatungsstelle „Drobs“ in Sielwall-Nähe, personell ausgeblutet und nur stundenweise geöffnet, ein Skandal sei, fand die FDP-Abgeordnete Annegret Pautzke, die
dem Sozial- und Jugendsenator Henning Scherf vorwarf, „vor Ort, wo Betroffene im Rinnstein liegen“, skandalöse Zustände herbeigeführt zu haben. Pautzke machte gar eine „gewisse Pogromstimmung in der Bevölkerung“ gegenüber den Süchtigen aus.
Ganz am Schluß des FDP-Antrags findet sich in einem Satz ein Punkt angefügt, der von kompetenter Seite gemeinhin als der wichtigste, schwierigste und entscheidende angesehen wird: Pauschal wird „ein Betreuungsprogramm“ mit 24-Std. -Versorgung, Mahlzeiten, Arbeit und Wohnraum gefordert. Die Finanzierung, besonders für einen so stark erweiterten Personenkreis, wie er der FDP vorschwebt, hält van Nispen für machbar: „eine Frage von Verteilungskämpfen“.
Susanne Paa
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