: Tortenschlacht
■ „Ultimate„-Spieler trafen sich am Wochenende zum Frisbeeturnier
Hätte man in „Ma Frisbie's Bakershop“ geahnt, welchen Boom sie mit ihren Aluminium-Tortenformen auslösen würde, hätte sie sicher ein gutes Geschäft gemacht. Denn die runden Verpackungen der kalifornischen Bäckerei trafen eine riesige Marktlücke. Studenten, die den Kuchen kauften, verzichteten auf das Pfandgeld für die Formen und ließen sie lieber durch die Luft segeln. Das Ur-Frisbee war erfunden.
Weil die Metallform aber zu hart war, kreierte ein Student in den fünfziger Jahren die erste weichere Wurfscheibe aus Plastik. Ein amerikanischer Spielwarenkonzern setzte die Idee dann in Bares um.
Inzwischen gibt es das Frisbee in unzähligen Farben und Formen. Und auch die Möglichkeiten, mit der amerikanischen Scheibe zu hantieren, sind fast unbegrenzt. Neben dem Einfach-nur-Zuwerfen gibt es „Freestyle„-Akrobatik, und das „Frisbee-Golf“, bei dem die Spieler auf markierte Bäume zielen. Die meisten Fans findet aber das „Ultimate“, bei dem zwei Teams versuchen, die Wurfscheibe in die jeweilige gegnerische „Endzone“ zu werfen und dort zu fangen.
Etwa 600 „Ultimate„-Spieler in 40 Vereinen gibt es inzwischen in der Bundesrepublik und West-Berlin. Acht Clubs trafen sich an diesem Wochenende zu einem Just-for-fun -Turnier in der Sporthalle am Rohrdamm. Die Regeln bei den Wettkämpfen sind dabei ebenso ungewöhnlich wie die Entwicklung des Spielgerätes. „The Spirit of the Game“ nennen die Spieler das und meinen damit, daß Fairneß das oberste Gebot ist, an das sich alle halten.
Spezielle Schiedsrichter gibt es auf dem Feld nicht, denn „Ultimate„-Spieler achten selbst auf die Einhaltung der Regeln. Fühlt sich ein Spieler gefoult - jede Körperberührung zählt - wird das Spiel gestoppt. Die Beschuldigten entscheiden dann selbst über ihre Schuld oder Unschuld. Strafen gibt es dennoch nie.
Auch über die anderen Gesetze wachen die Teams. Wer die Scheibe - beispielsweise im „Sandwich-catch“ - gefangen hat, darf wie beim Basketball nur noch einen Sternschritt machen, bei dem das Standbein auf einem Fleck stehenbleibt. Verrenkungen, die dem Werfer den Abwurf erschweren, sind zwar erlaubt, aber nur im Abstand eines Frisbees.
Vieles sehen die „Ultimate„-Anhänger aber lockerer als in anderen Sportarten üblich. Die Teams einigen sich über die Spieldauer, und statt einheitlicher Trikotuniformen gibt es bunte Hosen, T-Shirts und Stirnbänder - alles mit dem Hauch des „American Lifestyle“.
Daß der „Spirit“ tatsächlich wirkt, beweist die Stimmung nach dem Endspiel. Einzige Leichtverletzte des Wochenendturniers ist die Sanitäterin vom Roten Kreuz, der die Wurfscheibe gegen das Schienbein flog; und alle gönnen den Wiesbadener „Rhinoes“ mit den Pappnashörnern am Kopf den Sieg.
Silke Kluckert
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