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Remscheids Stadtrat gegen Apartheid

Erstmals weigert sich eine Kommune, weiterhin Kredite von Geschäftspartnern Südafrikas aufzunehmen / Verwaltung wirft dem Stadtrat Rechtsbruch vor / Jetzt muß der Regierungspräsident über „Schwarze Liste“ entscheiden / Banken befürchten Signalwirkung  ■  Von Petra Bornhöft

Berlin (taz) - Als erste Kommune in der Bundesrepublik will die Stadt Remscheid keine Kredite mehr bei Banken aufnehmen, die Geschäfte mit dem Apartheidstaat Südafrika betreiben. Diese Entscheidung ist gestern abend mit den Stimmen von Grünen und SPD vom Rat der Stadt bekräftigt worden. Zuvor hatte der Remscheider Oberstadtdirektor Günther Krug den Beschluß als „rechtswidrig“ beanstandet. Seine Kritik wies das Kommunalparlament zurück. Jetzt wird der Regierungspräsident in Düsseldorf darüber entscheiden, ob die Stadt bestimmte Kreditinstitute auf die „Schwarze Liste“ setzen darf oder nicht. Bedeutsam ist die Auseinandersetzung auch deshalb, weil in etwa zehn anderen nordrhein -westfälischen Städten ähnliche Anträge zur Debatte stehen.

Auf Initiative der Grünen hatte der Stadtrat am 10.Oktober des Jahres der Verwaltung untersagt, Kredite bei Banken aufzunehmen, die „direkte Geschäfte mit Südafrika tätigen“. Gleichzeitig forderten die ParlamentarierInnen den Deutschen Städtetag auf, seine Mitglieder anzuhalten, ähnliche Beschlüsse zu fassen. Verärgert reagierten insbesondere die Deutsche und die Dresdner Bank, auch wenn sie in Remscheid keine dicken Geschäfte mit der Kommune machen. Aber, so MdL und SPD-Fraktionschef Robert Schumacher: „Wenn andere Kommunen sich unserem Beispiel anschließen, werden die Banken sich Gedanken machen müssen über eine Änderung ihrer Geschäftspolitik gegenüber Südafrika.“

Besorgt um das Wohl der Kreditinstitute zeigte sich die Verwaltung der Stadt Remscheid. Oberstadtdirektor Krug ließ ein Gutachten vom Rechtsamt erstellen und trumpfte im Stadtrat auf: Der Beschluß sei rechtswidrig und somit ungültig. Begründung: Der Gemeinderat habe „ordnungswidrig“, weil nicht zuständig, das Thema beraten. „Die Beeinflussung der Geschäftspolitik der deutschen Banken gehört nicht zum örtlichen Wirkungskreis, und die Herstellung der Menschenrechte in Südafrika (...) auch nicht“, heißt es in dem Rechtsgutachten. Bei „Einflußnahmen vom Boden der Bundesrepublik Deutschland in diese Richtung (...) handelt es sich um auswärtige Angelegenheiten“, für die die Abteilung Genscher beim Bund zuständig sei. Weiter befürchten die Gutachter, die vom Städtetag geforderte Erklärung „dürfte eine unbillige Beeinträchtigung der betroffenen Banken zum Gegenstand haben“.

Kaum hatten die Beamten die Meinung von Günther Krugzu Papier gebracht, da marschierte dieser Anfang November in den Hauptausschuß und verlangte, zwei Kredite in Höhe von knapp sechs Millionen Mark bei der Bayerischen Hypotheken und Vereinsbank, die in Südafrika engagiert ist, zu verlängern. Die Ratsmehrheit fühlte sich von der Verwaltung erpreßt und blieb standhaft: Der Kredit wurde umgeschuldet auf die Bank für Gemeinwirtschaft (BfG). Möglich war diese rasche Entscheidung, weil die BfG ähnliche Konditionen angeboten hatte wie die Hypo-Bank. So mußte sich auch Krug fügen, der zuvor darauf gepocht hatte, daß die Verwaltung gemäß der Gemeindeordnung „an die Grund Fortsetzung Seite 2

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sätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zwingend gebunden ist“.

Gleichwohl gab er nicht auf, sondern beanstandete offiziell in der gestrigen Ratssitzung den Beschluß des Gremiums. SPD und Grüne waren sich einig, bei ihrer Position zu bleiben und die Kritik zurückzuweisen. Beim Regierungspräsidenten (RP) in Düsseldorf, der jetzt entscheiden muß, ob er Krugs Beanstandung billigt, war gestern keine offizielle Stellungnahme zu erhalten. „Der Vorgang liegt uns noch nicht vor“, erklärte ein Sprecher.

Aus Kreisen der Bezirksregierung indes wurde gestern bekannt, daß der RP dem Oberstadtdirektor einen Korb geben wird. „Im Kern geht es um die Vergabe von Geschäftsaufträgen, und das ist eine originäre Aufgabe der Kommunen“, hieß es gegenüber der taz. Deshalb betreibe die Stadt Remscheid „keine Außenpolitik“ und könne sich der Oberstadtdirektor nicht auf auf eine Verfügung des RP über die „atomwaffenfreien Zonen“ beziehen. 1985 hatte der Düsseldorfer RP entsprechende Resolutionen von Kommunen mangels Zuständigkeit für „rechtswidrig“ erklärt. Insofern werde die Behörde vermutlich den Beschluß der Stadt Remscheid nicht beanstanden.

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