Kultur im Weser-Dreisprung

■ Kultursenator strahlt: Kaufvertrag für die Böttcherstraße perfekt, Stiftung „Sammlermuseum“ Weserburg gegründet / Geliehene moderne Kunst und viel Platz für Paula Becker-Modersohn / Eröffnung Ende 1990

Im Dreisprung über die Weser soll ab 1990 die Bremer Altstadt über den Teerhof mit der Neustadt kulturvoll verbunden werden. Nachdem die Pläne für die „Kulturwerkstatt“ am Neustädter Deich bereits in der vergangenen Woche öffentlich konkretisiert wurden (vgl. taz vom 14.11.), präsentierte Kultursenator Franke gestern stolz zwei weitere Senatsentscheidungen für Kultur: die Gründung einer Stiftung für das künftige Museum moderner Kunst in der Weserburg und den Aufkauf der Böttcherstraße inclusive aller dort beheimateten

Kunstwerke durch die Bremer Stadtgemeinde. „Mit insgesamt 24.000 Quadratmetern Teerhofkultur kommen wir dann sogar über das versprochene 'Kulturdrittel‘ hinaus“, jubelte Franke gestern über solch „international wahrnehmbare extraordinäre Signale, die bei uns nicht allzuoft gesetzt werden“.

Nüchterner schätzte Bürgermeister Wedemeier die Kulturpläne ab: „Dies ist eine Investition für den Standort Bremen“. Und diese Investition hat den zusätzlichen Vorteil, daß sie von außen kräftig mitfinanziert wird.

Von den 20,5 Mio Mark, die z.B. für die Böttcherstraße zu zahlen sind, übernimmt die Sparkasse 5,5 Mio (und damit die Immobilien) und der Bund gibt fünf Millionen Zuschuß vor allem für den Ankauf der Bilder von Paula Becker-Modersohn. Zusammen mit den Bildern, die zur Zeit noch in der Kunsthalle zu sehen sind, soll in der Böttcherstraße - ganau in dem Haus, das Architekt Hoetger auch zu diesem Zweck geplant hat - ein zentrales Museum der berühmten Worpswederin entstehen.

Neben dieser „größten Paula

r-Modersohn-Ko- nzentration auf dem Erdball“ (Franke) verspricht sich der Senator auch von dem Weserburg-Museum internationale Aufmerksamkeit: „Die Amerikaner müssen jetzt nach Bremen kommen, um ihre Kunst zu sehen.“ Und nicht nur das, die US -Amerikaner werden sich dann dort auch wie zu Hause fühlen. Denn die auf 7.000 Quadratmetern öffentlicher Museumsfläche gezeigten modernen Bilder, Skulpturen und Installationen gehören allesamt privaten Sammlern. Als Dauerleihgabe ist ihr Aufenthalt in Bremen für zehn Jahre vertraglich gesichert. Was danach passiert, muß neu verhandelt werden. Dieser Typ eines „Sammlermuseums“ ist in den USA verbreitet, bundesdeutsche Museen zeigen dagegen vor allem Museumseigentum.

Die Kunstbesitzer Grothe (Duisburg), Lenz (Schönberg), Onnasch (Berlin) und Stober (Berlin), deren Bilder und Objekte zur Zeit vor allem in den Lagerhallen von Spezial -Speditionen untergebracht sind, seien vor allem vom „Speichercharakter“ der Weserburg angetan gewesen.

„In Stuttgart und Frankfurt wären ihre Kunstsammlungen nur eine Zutat zum gigantischen Museumsgebäude“, erklärt sich Franke das Interesse für Bremen, dessen Finanzlage Musumsneubauten nicht erlaubt.

Als Gegenleistung für die Dauerleihgaben, die insgesamt im Wert von 50 Mio Mark versichert sind, haben die vier privaten Sammler in der Museums-Stiftung Mitentscheidungsrecht in allen Fragen ein, die die Ausgestaltung der Weserburg, dessen Leitung und die Konzeption der Museumspädagogik betreffen.

„Wenn Bremen im Wettkampf der Metropolen mitbestehen will“, so Franke gestern, „dann gibt es dafür zwei wesentliche Bereiche: Wissenschaft und Kultur“. Und wenn diesmit 1,5 Mio Mark jährlichen Kosten auch noch so billig zu haben ist wie im Fall des Weserburg-Museums, ist die Senatoren-Freude ungetrübt. Und nach der Eröffnung Ende 1990 bliebe sogar noch der Griff in die Taschen der Besucher. Franke: „Über Eintrittsgelder haben wir noch gar nicht nachgedacht.“

Ase