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Regierungschef Rocard gibt nach

Nach wochenlangen Streiks jetzt Teileinigungen im öffentlichen Dienst Frankreichs  ■  Aus Paris Georg Blume

Nach einer wochenlangen Streikwelle mit schweren Behinderungen bei Bahn, Post und der Stromversorgung haben fünf von sieben Gewerkschaften im Öffentlichen Dienst mit der französischen Regierung am Donnerstag einen Tarifvertrag abgeschlossen. Die Einigung, die von der kommunistischen Gewerkschaft CGT nicht unterschrieben wurde, sieht im wesentlichen den von den Gewerkschaften geforderten Kaufkraftausgleich für 1988/89 vor.

Kurz zuvor hatte der französische Premierminister Michel Rocard noch betont, sich seine Wirtschafts- und Sozialpolitik weder von streikenden Postbeamten noch von sozialistischen Nebenbuhlern diktieren zu lassen. „Die Sparpolitik muß weitere fünfzehn Monate andauern,“ sagte Premierminister Rocard noch in einem am Donnerstag veröffentlichten Zeitungsinterview. Versprechen wollte er nichts: „Wenn das Wachstum anhält, haben wir Ostern 1990 ein kleines bißchen mehr Spielraum.“

In der Hauptstadt Paris demonstrierten am Donnerstag morgen erneut über tausend Krankenschwestern für bessere Arbeitsbedingungen. Ihnen folgten schon am Nachmittag die Apotheker, die in Zukunft mehr Steuern zahlen sollen. Währenddessen flaute der Postverteilungsstreik in Paris ab, gewann dafür aber in der französischen Provinz an Boden. Rocard wandte sich auch gegen die Kritik in den Reihen der Sozialisten.

„Wir brauchen jetzt eine relative Ruhe, damit sich die Dinge langsam entwickeln können“, entgegnete er denjenigen in seiner Partei, die ihm zuletzt „mangelnde Vorstellungskraft“ (Parteichef Mauroy) bei der Führung der Regierungsgeschäfte vorgeworfen hatten. Rocard wußte sich dabei in der Obhut von Staatspräsident Mitterrand, der ihm am Mittwoch erneut sein „Vertrauen“ aussprach, und ihm bescheinigte, „auf dem richtigen Weg“ zu sein.

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