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Schweden gab Nazis 1945 Asyl

■ Über 1.000 Nazis erhielten gegen Ende des Zweiten Weltkriegs die schwedische Staatsangehörigkeit oder konnten nach Südamerika ausreisen / Keine einzige Auslieferung

Stockholm (ap) - Eine Historikerin der Universität Göteborg, die bisher geheimgehaltene Akten einsah, hat in einem am Samstag veröffentlichten Bericht ermittelt, daß Schweden gegen Ende des Zweiten Weltkriegs mehr als 1.000 Nazis Asyl gewährte. Unter ihnen sollen sich zahlreiche Kriegsverbrecher befinden. Die Nazis seien überwiegend aus den Baltischen Staaten gekommen, hätten die schwedische Staatsangehörigkeit erhalten oder hätten mit Unterstützung schwedischer Stellen nach Südamerika ausreisen können.

Die Historikerin Helene Loow, die ihren Bericht in der Zeitung 'Dagens Nyheter‘ veröffentlichte, schrieb darin, schwedische Militärs und Geheimagenten hätten gegen Kriegsende einen Rettungsdienst für Nazis aus dem Baltikum eingerichtet; die Militärs hätten mit Nazi-Organisationen im Baltikum zusammengearbeitet, die ihrerseits Leute aus ihren Reihen ausgewählt hätten, die sich nach Schweden absetzen sollten.

Frau Loow, die Akten einer parlamentarischen schwedischen Untersuchung aus der Nachkriegszeit sowie Unterlagen des militärischen Nachrichtendienstes Schwedens prüfte, will ihren Bericht in Kürze in der Zeitschrift der skandinavischen Historiker veröffentlichen. Sie stellte fest, daß kein einziger Nazi von Schweden ausgeliefert wurde, obgleich es Beweise dafür gegeben habe, daß sich einige schwerer Kriegsverbrechen schuldig gemacht hätten.

In dem Bericht wird erwähnt, daß die Sowjetunion im vergangenen Jahr vergeblich um die Auslieferung eines Esten nachsuchte, der wegen mehrerer Morde in Abwesenheit zum Tode verurteilt wurde. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Los Angels hatte 1986 ein Dutzend Personen als Kriegsverbrecher aufgeführt, die in Schweden bei Kriegsende Asyl erhielten.

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