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„Wenn ich an den Dingern vorbeigehe, wird mir schlecht“

Monika B., Spielerin, über ihre Erfahrungen als „Stammgast“ in einer Spielhalle und über die Ursachen und Konsequenzen ihrer Abhängigkeit  ■ I N T E R V I E W

taz: Warum bist du spielen gegangen?

Monika: Ich hatte ziemlich viel Streß zu Hause. Ich mußte meine Oma und zwei ältere Frauen pflegen, das hat mich ziemlich viel Kraft gekostet. Von meinem Mann bekam ich dabei wenig Unterstützung. Ich war viel allein und fühlte mich einsam. Als dann die Oma auch noch ins Krankenhaus kam, bin ich spielen gegangen.

Was hat dich ausgerechnet zu diesem blinkenden Geldspielautomaten hingezogen?

Das fängt so an: Du gehst in eine Spielhalle, hast ein bißchen Kleingeld in der Tasche, steckst 'ne Mark rein, und ganz plötzlich fängt das Ding an zu klickern, und du weißt gar nicht, wie dir geschieht. Da gewinnst du auf einmal was, das ist schon ein Erfolgserlebnis. Ich hatte zu Anfang 'ne Hundertserie, und das war mein Einstieg.

Wie oft bist du in deiner Stammspielhalle gewesen?

Ein- bis dreimal die Woche. Ich bin immer vormittags hingegangen, da sitzen viele Frauen. Eigentlich hätten wir ja auch Kaffeeklatsch halten können, aber wir hatten eben alle das gleiche „Hobby“ - spielen. Die anderen Frauen haben auch von ihren Problemen erzählt, aber keine hat zugegeben, daß sie spielsüchtig ist. Das gibt ja kaum jemand zu.

Wann ist dir die Sucht aufgefallen?

Ach, schon nach 'ner gewissen Zeit. Eine Weile bin ich dann nicht mehr hingegangen, aber dann hat es mich doch wieder da reingezogen. Tja, und dann gewinnst du wieder, und die Sucht gewinnt auch. Oder man verliert an einem Tag soviel, daß man am nächsten Tag wieder hin muß und das Geld wieder rausholen will.

Wieviel Geld hast du denn in die Automaten reingesteckt?

Ich hab‘ zum Glück nicht so viel Geld verspielt, rund 4.000 Mark in dem Jahr. Ich hab‘ mein Haushaltsgeld verspielt und das Pflegegeld. Wenn ich mehr Geld gehabt hätte, hätte ich auch mehr reingesteckt. 30 Pfennig rasseln schließlich in 15 Sekunden durch, aber pro Tag hab‘ ich nur 20 Mark verspielt. Meine Probleme sind mir natürlich, auch wenn ich vor dem Kasten hocke, durch den Kopf gesaust. Und es sind auch wieder neue Probleme entstanden, wie ich zum Beispiel meinem Mann erklären soll, wo das Geld geblieben ist. Da hab‘ ich auch mal Kontoauszüge verschwinden lassen.

Wie bist du von der Spielsucht weggekommen?

Seit neun Monaten mache ich eine Therapie bei der Caritas. Die Gruppe läuft ganz gut, da haben sich neue Freundschaften gebildet. Das hilft mir sehr, denn den Kontakt zu den alten Spielerinnen habe ich ja nicht mehr.

Was machst du denn jetzt in deiner Freizeit?

In Spielhallen geh‘ ich nicht mehr, ich bin ja noch süchtig. Wenn ich an den Dingern vorbeigehe, wird mir schlecht. Meine Bankvollmacht habe ich erstmal abgegeben, zum Schutz. Und bislang habe ich es immerhin geschafft, nicht rückfällig zu werden.

Interview: an

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