Graue Herde

Die Polizei muß sich selber kontrollieren  ■ K O M M E N T A R

Wer in diesem Rechtsstaat des schweren Landfriedensbruchs verdächtigt wird, der vorsätzlichen Körperverletzung mit möglicher Todesfolge, und dies alles auch noch vermummt tut, wird vom Gesetz mit strengen Strafen bedroht. Es sei denn, er oder sie ist Polizist. Die gestern im Innenausschuß vorgelegten Zahlen belegen das. Trotz Dutzender Anzeigen und Ermittlungsverfahren gegen Beamte ist es im Zusammenhang mit Übergriffen zu keiner einzigen Anklage gekommen, obwohl es zum Teil um schwerste Straftaten gegen Leib und Leben gehen dürfte, ausgeübt von Vertretern des staatlichen Gewaltmonopols.

Wo keine Klage, da kein Richter. Eine Kontrolle der Polizei findet nicht statt. Es erwartet niemand ernsthaft, daß die politische Führung in Berlin sich gegen diese politsch motivierten Gewalttäter in der Polizei richtet. Die CDU führt in jeder Innenausschußsitzung mit allerlei Tricks und Winkelzügen aufs Neue vor, daß das Parlament zur Quatschbude verkommen ist.

Die Polizei jammert derweil über ihr Prügeltruppen-Image, bleibt aber bei ihrem harmlosen Bild von den wenigen „Schwarzen Schafen“ in ihren Reihen, obwohl die ganze Herde mangels Unterscheidungsmöglichkeiten zwischen Schwarz und Weiß längst völlig grau ist. Wer sich als Aushängeschild dieses Rechtsstaates versteht, muß in den eigenen Reihen rechtliche Kontrolle ermöglichen. Die weitere Diskussion um die Kennzeichnung von Beamten wird zeigen, welche gesellschaftliche Funktion die Polizei in Zukunft einnehmen will.

Thomas Rogalla