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Verurteilung im Memminger Hexenprozeß

■ Geldstrafe von 2.400 Mark für Tierärztin / Staatsanwalt tritt als einziger Belastungszeuge auf Bisher wurden 381 Frauen ermittelt und 129 verurteilt / Nur wenige legen Berufung ein

Memmingen (taz) - Immer noch läuft in Memmingen die Prozeßwelle gegen Frauen, die bei Dr.Theissen einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen ließen. Zu einer Geldstrafe von 2.400 Mark verurteilte das Amtsgericht jetzt eine 31jährige Tierärztin. Mit der Bemerkung, dies sei „kein bayerisches Regionalrecht, wie es in manchen Organen heißt“, verkündete Richter Rüdiger Bochum seine Entscheidung. Die junge Staatsanwältin, Barbara Roßdeutscher, verfolgte in diesem Prozeß eine besonders harte Linie. „Weil die Angeklagte kein Geständnis abgelegt“ habe, sei das im Strafrecht vorgesehene Strafmaß nicht ausreichend. Deshalb forderte sie in ihrem Plädoyer eine Geldstrafe von 5.000 Mark. Außerdem unterstellte die Staatsanwältin der Frau eine „gewisse Rücksichtslosigkeit und Eigensinnigkeit“.

Als Zeuge in dem Prozeß trat der 34jährige ledige Staatsanwalt Herbert Krauser auf. Um diesen Auftritt zu ermöglichen, wurde der Prozeß im August dieses Jahres abgebrochen. Denn damals war Krauser der Staatswanwalt des Verfahrens. Krauser hatte auch gegen Dr.Theissen ermittelt. Vor Gericht sagte er aus, Dr.Theissen habe bei seiner Vernehmung angegeben, daß die Eintragungen in der Patientenkartei korrekt seien und der auf mehreren Karten verzeichnete Vermerk - ein grünes I - stehe für Schwangerschaftsabbruch. Die Sprechstundenhilfe von Dr.Theissen machte keine Aussagen, da sie von der Verteidigung auf ihre ärztliche Schweigepflicht hingewiesen wurde. In seiner Urteilsbegründung berief sich Richter Bochum allein auf die Aussage des Staatsanwalts. Bisher wurde gegen 381 Frauen ermittelt und 129 verurteilt. Nur wenige Opfer der Memminger Justiz wagen es, sich dagegen zu wehren. Eine von ihnen ist die 27jährige Margarethe F. Ihre Anwältin legte Berufung ein. Anfang Dezember soll deshalb vor dem Landgericht verhandelt werden.

lui

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