Walter Wallmanns „Blackout“

In einer „Aktuellen Stunde“ debattierte Hessens Landtag über mögliche Verstrickungen seines Ministerpräsidenten in den Frankfurter Korruptionsskandal  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Wiesbaden (taz) - Ein bärbeißiger Ministerpräsident Walter Wallmann (CDU) wehrte sich gestern im hessischen Landtag mit Händen und Füßen gegen die Absicht der rot-grünen Opposition, ihn in den Frankfurter Bestechungssumpf zu stoßen. Als OB der Stadt Frankfurt (1977 bis 1986) hat Wallmann angeblich „nichts gewußt“ von den Bestechungs- und Erpressungsvorwürfen gegen seinen Abteilungsleiter im Gartenamt der Stadt, „Don“ Alfonso Weil, der sich zur Zeit vor Gericht für sein „verantwortungsloses Verhalten“ (Wallmann) verantworten muß. Der ehemalige Oberbürgermeister will von den Skandalen in der „großen hessischen Metropole“ (Wallmann) erst als Ministerpräsident erfahren haben - „aus den Medien, so wie jeder andere Bürger“ (Mein Gott, Walter... d.S.). Dieser Einlassung Wallmanns hielten Grüne und Sozialdemokraten gestern im Landtag die Auslassungen des derzeit amtierenden Oberbürgermeisters Wolfram Brück (CDU) bei der Staatsanwaltschaft und des Stadtrates Udo Müller (CDU) vor der Stadtverordnetenversammlung entgegen. Beide Christdemokraten hatten übereinstimmend erklärt, daß Wallmann als Oberbürgermeister an einer Dezernentenbesprechung teilgenommen habe, bei der die Vorwürfe gegen Gartenamtsleiter Weil vom damaligen Personal und Rechtsdezernenten - dem heutigen Oberbürgermeister Brück - en detail vorgetragen worden seien. Doch an diese Dezernentenbesprechung konnte sich der Ministerpräsident gestern beim besten Willen „nicht mehr erinnern“. Auch Wallmanns heutiger Sozialminister und damaliger Sozialdezernent, Karl Heinz Trageser (CDU), hatte - nach Angaben von Wallmann - „keine Erinnerung“ mehr an die aufklärerische Dezernentensitzung. Die Grünen diagnostizierten daraufhin einen „kollektiven Blackout“ bei führenden Politikern der Union - „nicht nur in Hessen“. Und der SPD-Fraktionsvorsitzende Ernst Weltecke wertete das mangelnde Erinnerungsvermögen der Herren Wallmann und Trageser als Beleg dafür, daß Hinweise auf strafbare Handlungen in der Amtszeit des Oberbürgermeisters Walter Wallmann wohl „etwas Alltägliches“ gewesen sein müßten.

Das Fazit der rund einstündigen Debatte hatte zuvor Joschka Fischer (Grüne) gezogen: „Es laufen 300 Ermittlungsverfahren, 30 MitarbeiterInnen der Stadtverwaltung wurden bislang festgenommen - so daß bei einigen Ämtern zeitweise akuter Personalmangel herrschte und über 100 Firmen sind in die Affäre verstrickt. Der damalige Oberbürgermeister Wallmann hat die politische Verantwortung für diese Verfehlungen zu tragen - ob ihm das gefällt oder nicht.“