: Presserat rügt Berliner Polizei
Übergriffe auf JournalistInnen während der IWF-Tagung und Innensenator Kewenig werden kritisiert / Kewenigs Beschwerde wird abgelehnt / Ein Gespräch mit der Innenminister-Konferenz vorgeschlagen ■ Aus Bonn Charlotte Wiedemann
Der Deutsche Presserat hat gestern die Polizeiübergriffe auf JournalistInnen während der IWF-Tagung in Berlin verhalten kritisiert. Das Gremium „mißbilligt“ die von Innensenator Kewenig im Bundestag vertretene Auffassung, daß „am Tatort“ die Pressefreiheit „auch schon mal zurücktreten“ müsse. Hingegen gelte auch für „zugespitzte Situationen“, so die Erklärung des Presserats, daß die Behörden von der im Grundgesetz garantierten Pressefreiheit nicht abweichen dürften. Behinderungen polizeilicher Arbeit durch JournalistInnen seien zu verurteilen, rechtfertigten aber nicht die Aufhebung der Pressefreiheit.
Mit den Beschwerden der Agenturen 'dpa‘, 'ap‘ und 'Reuter‘ sowie einer Sammelbeschwerde der Berliner Journalistenunion, hinter der „viele Betroffene“ stünden, muß sich der Presserat noch in einzelnen befassen. Die Vorwürfe gegen die Polizei lauten: Zerstörung von Kameras, Verdecken von Kameralinsen, Gewaltandrohung und -anwendung, Behinderungen durch Polizeiketten und Absperrungen sowie Verweigerung von Dienstnummern und Gesprächen seitens der Beamten.
Auch Kewenig hat sich beim Presserat beschwert: Wegen „wahrheitswidriger Berichterstattung einzelner Organe“ über die Polizeieinsätze sowie wegen des Umgangs mit Presseausweisen. Dabei beruft sich Kewenig auf ein vermeintliches Zitat der taz, kein Linker würde mehr ohne Presseausweis herumlaufen. Diesen Vorwurf, die Journalistenverbände würden Ausweise an Nichtbefugte ausgeben, konnte der Innensenator nach Angaben des Presserats mit keinem konkreten Fall belegen.
Über Quantität und Qualität der Polizeiübergriffe in Berlin wollte der Presserat gestern auch auf Nachfrage keine Bewertung abgeben. Man stelle keine Vergleiche an, hieß es.
Dafür bietet der Deutsche Presserat der Innenministerkonferenz ein Gespräch an: Dort soll „das wechselseitige Verständnis für die Aufgaben der Polizei und die Funktion der Presse“ verbessert werden.
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