: Wolf im Schafspelz
■ Zum Wandel in Südafrikas Politik
Der Wolf hat sich einen Schafspelz umgelegt. Umstandslos begnadigt er die „Sharpeville Sechs“, nachdem seine Richter trotz monatelanger internationaler Proteste hart blieben. Die südafrikanische Kolonie Namibia will er nach jahrzehntelanger illegaler Besetzung jetzt doch in die Unabhängigkeit entlassen. Mosambik hilft der Wolf neuerdings beim Schutz des Carbora-Bassa-Staudamms, dessen Stromproduktion die RENAMO-Rebellen ständig lahmzulegen versuchen. Mit den Frontstaaten will er plötzlich ins Gespräch kommen. Was bedeutet dieser Wandel in der südafrikanischen Politik?
Botha hat Kreide gefressen, weil sein Stuhl wackelt. Sein Versuch, durch Kooptierung von Schwarzen die Vorherrschaft der Weißen festzuschreiben, ist gescheitert. Die äußerst geringe Wahlbeteiligung an den Regionalwahlen hat gezeigt, daß sich die schwarze Mehrheit von Bothas „Reformprogramm“ nicht beeindrucken läßt. Die Buren, mit deren Unterstützung Botha immer rechnen konnte, sind gespalten. Militärisch wurden Grenzen deutlich, als die südafrikanische Armee im Süden Angolas vor den kubanisch-angolanischen Truppen zurückweichen mußte. Die Wirtschaft liegt darnieder. International ist das Regime weitgehend isoliert.
Um zu retten, was zu retten ist, gibt sich Botha nun moderat. Mit seiner neuen Politik will er es den westlichen Bankern und Regierungschefs, allen voran Kohl, Thatcher und Bush, erleichtern, weitere Sanktionen zu unterlaufen. Und für den Fall, daß der Westen nicht auf sein Angebot eingeht, hat sich der Apartheid-Chef einen letzten Trumpf aufgehoben: Nelson Mandela. Die Chancen, den internationalen Protesten die Spitze zu brechen, stehen gut. Der Konsens in den westlichen Regierungen lautet: Um jeden Preis eine sozialistische Entwicklung in Südafrika verhindern. Ohne es zu wollen, macht Botha mit seiner neuen Politik aber auch deutlich, daß selbst so windelweiche Sanktionen, wie sie bislang verhängt wurden, effektiv sind. Daß ein umfassender Boykott seinem Regime den Garaus machen würde, hat er damit selbst bestätigt. Die Entscheidung liegt bei Kohl und seinen Freunden.
Michael Fischer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen