: Das Gespräch zum Konzert
■ Die taz sprach mit Basssisten Muzz Skillings und Sänger Corey Glover der „Lebendigen Farben“ / Von Black Rock, einfach Rock und Broadwayshow-Ausbildung
taz:Ihr seid eine schwarze Band - was haltet Ihr von dem Begriff „Black Rock“, von dem in den Medien immer die Rede ist?
Muzz Skillings: Wir selber gebrauchen den Begriff nicht. Was wir machen, ist Rock'n'Roll. Wir sind zwar schwarze Musiker, aber machen genau das, was andere auch machen: Rock'n'Roll.
Corey Glover: „Black Rock“ ist ein Medienbegriff, um einem Publikum eine Musikrichtung geläufig zu machen. Das ist eine Einteilung wie die Soul-Charts.
Gibt es noch mehr Schwarze, die einfach Rockmusik machen?
M.S.: Ihr bekommt hier in Europa nur das mit, was aus Amerika exportiert wird. Wenn Du bei mir in der Nachbarschaft wohnen würdest, hättest Du meinen Bruder sehen können, als er in einer Rock'n'Roll Band gespielt hat. In jeder Stadt gibt's Bands, in denen sämtliche Hautfarben vertreten sind. Allerdings ist es nicht sehr vielversprechend für schwarze Bands, Rock'n'Roll zu spielen.
Viele Sender dürfen nur weiße Musik spielen. Weiße Bands bekommen auch von den Plattenfirmen über ein Jahr Geld, um sich zu entwickeln. Das habe ich bei einer schwarzen Band noch nie erlebt.
Laut Plattenfirma-Info scheint der einzige Profi Eurer Band Vernon Reid (git) zu sein.
C.G.: Das ist nicht wahr. Das ist wieder so eine Sache der Plattenfirma. Die machen eine richtige atmosphere um ihn. Wir sind eine ganze Band, trotz der Versuche der Plattenfirma, das Ganze auseinander zu dividieren. Muzz hat schon jetzt in mehr Bands gespielt als Vernon in seinem ganzen Leben.
M.S.: Corey ist eigentlich Schauspieler - mit Broadway -Ausbildung - und hat neben diversen Werbespots auch in Platoon mitgespielt. Das hast Du sicherlich nicht von der Plattenfirma zu hören bekommen.
Also gibt's bei Euch keinen Chef?
M.S.: Nicht so direkt. Vernon schreibt zwar die meisten Songs mit diesem oder jenem von uns, aber was am Ende rauskommt, ist Produkt der Band.
Ihr klingt sehr britisch für eine amerikanische Rockband.
C.G.: Unsere Musik enthält all das, was Schwarze dem Rock'n'Roll gegeben haben: Blues, Funk, Jazz, Soul. Wenn das britisch klingt, dann nur weil die Briten genau das aus unserer Musik entliehen haben.
Muzz, Du spielst einen sehr untypischen Bass für Rockmusik, da Du viele Techniken benutzt, die eigentlich in andere Musiksparten gehören.
M.S.: Weißt Du, ich habe mal in einer Salsaband gespielt, und da wollten sie, daß ich nicht so funkig spiele. Ich habe weiter funkig gespielt, mich aber in der Betonung an den Percussionisten ge
halten, und sie waren begeistert.
Warst Du eigentlich schon immer Rocksänger, Corey?
C.G.: Für mich gibt es da keinen Unterschied. Ich trenne nicht zwischen Nun singe ich Gospel, und nun singe ich Rock und nun Jazz. Grundsätzlich spielen da eigentlich die gleichen Gefühle mit. Wenn ich etwas nicht fühle, dann mach‘ ich es eben nicht. Ich bin für den Broadway ausgebildet, und das beinhaltet eine Menge Stilrichtungen. Wenn ich die Nase voll habe von dem, was ich jetzt mache, könnte ich mir auch vorstellen, indianische Volksmusik zu singen.
Versucht Ihr live, Eure Platte zu reproduzieren?
M.S.: Diese Platte ist eine Fotografie, sie hält einen bestimmten Augenblick der musikalischen Entwicklung fest. Wir versuchen nicht, das live nochmal zu kopieren.
Haben es andere schwarze Rock-Bands jetzt leichter, nach Eurem Erfolg?
M.S.:Ja. Wenn wir erfolgreich sind, dann benutzen wir das System, um das System zu schlagen. Die Leute kaufen nur, was erfolgreich ist, und unweigerlich werden die Plattenfirmen eine erfolgreiche Masche kopieren. Damit bekommen Bands, die bisher noch keine Chance hatten, die Möglichkeit, an unseren Erfolg anzuschließen.
Hat der Name „Living Colour“ eine bestimmte Bedeutung?
M.S.: Man sollte da nicht zuviel hineininterpretieren. Eigentlich hat Vernon den Namen erfunden. Er stammt aus den 60ern, als in den USA das Farbfernsehen eingeführt wurde, und man eine Sendung in Farbe angekündigt bekam: „The next program you're about to see is in LIVING COLOUR!!!
Fragen: Gernod Borchert/Buco
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