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Anwaltsleistung im Akkord

■ Die Bayerischen Motorenwerke bemühen sich erneut, den Betriebsrat Vollmer loszuwerden / Anwalt von BMW hielt flammendes Plädoyer vor dem Arbeitsgericht

Eine beachtliche rhetorische Leistung gelang gestern dem Anwalt der Bayerischen Motorenwerke (BMW) vor dem Landesarbeitsgericht. Weit über eine Stunde mühte sich der Anwalt mit großer Sprachgewalt gegenüber dem Gericht, der achten Kündigung gegen den Betriebsrat im Spandauer Motorradwerk, Peter Vollmer endlich zum Erfolg zu verhelfen. Bei dem seit über vier Jahren währenden Streit geht es nach vielen anderen Begründungen nun um die Frage, ob ein Beschäftigter bei der Einstellung seine Überqualifizierung verschweigen darf.

Millionenerbe Peter Vollmer (48), gelernter Flachdrucker, Betriebsassistent und studierter Architekt hatte all diese Ausbildungen verschwiegen, als er 1979 bei BMW als ungelernter Arbeiter begann.

Erst im Mai 1987 wurde eine von BMW beauftragte Detektei beim Vorleben Vollmers fündig und lieferte dem Unternehmen erneuten Grund zur Kündigung. Doch das Unternehmen fiel auch diesmal auf die Nase: Nur die Qualifikation für den konkreten Arbeitsplatz sei wichtig, urteilte das Arbeitsgericht vor Jahresfrist.

Damit die nächste Instanz zu einem anderen Urteil komme, breitete der BMW-Anwalt den „einzigartigen Fall der arglistigen Täuschung“ beredt und plastisch aus. Vollmer habe das Unternehmen „gezielt in die Irre geführt“ und eine „permanente Dauertäuschung“ betrieben. Hätte er seinen wahren Lebenslauf aufgeblättet, wäre es mit dem Arbeitsplatz natürlich nichts geworden, stellte BMW klar. Außerdem hätte man dann natürlich sofort beim vorherigen Arbeitgeber nachgefragt, offenbarte BMW scheinbar selbstverständliche Arbeitgeberpraxis. Dort hätte man von Vollmers Betriebsratsarbeit, von betrieblicher Unruhe, Spaltung und Auseinandersetzungen erfahren, und daß Vollmer 34.000 Mark Abfindung der revolutionären Gewerkschaftsopposition habe zukommen lassen, damit diese weiter am „Grab der Unternehmer“ schaufeln konnte.

Gleiches habe Vollmer bei BMW fortgesetzt und mit seiner Dauertäuschung das Empfinden aller billig und gerecht Denkenden verletzt. Der bösen Taten war kein Ende. Auch das seit Jahren unermüdlich arbeitende Solidaritätskomitee wurde zum „gutgläubigen Werkzeug“ Vollmers umgedichtet, was die wieder zahlreich im Saal sitzenden Soli-Mitglieder amüsiert entgegennahmen. Schelte bekam auch die Erst-Instanz ab, die unbegreiflich gehandelt und Vollmer alle, dem Unternehmen aber keinerlei Rechte zubilligte. Der Mann muß weg, lautet für BMW das „kristallklare Ergebnis“. Ob das Landesarbeitsgericht das auch so sieht, wird sich am 16. Dezember zeigen. Dann ist Urteilsverkündigung.

Gn

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