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Stürzt der Staatssekretär?

■ AL fordert die Entlassung von Staatssekretär von der Lancken Baubetreuer Bertram bevorzugt / Untersuchungsbericht liegt ab Montag vor

Die Entlassung des Staatssekretärs der Bauverwaltung, Henning von der Lancken (CDU), fordert die AL als eine Konsequenz aus dem Berliner Bauskandal. Weitere Forderungen sind die Auflösung der Wohnungsbaukreditanstalt oder zumindest deren wirksame Kontrolle, und der Ausschluß privater Bauherren von der Förderung aus Steuermitteln. Der Endbericht aus dem Untersuchungsausschuß über den Bauskandal liegt Montag vor. Die AL wirft von der Lancken sein Verhalten bei der Baubauung der Rudower Felder durch den Bauunternehmer Bernd Bertram für die landeseigene Gesellschaft „Stadt und Land“ vor. Von der Lancken hat die politische Verantwortung dafür übernommen, daß der Sozialwohnungskomplex ohne Ausschreibung vergeben wurde; entgegen den Wohnungsbauförderungsbestimmungen und bei einem Projekt, das den Steuerzahler mindestens 180 Millionen Kosten werde, auch nicht üblich, sagte der AL-Vertreter im Untersuchungsausschuß, Härtig. Von der Lancken hatte gegenüber dem Ausschuß erklärt, zum Zeitpunkt dieser Entscheidung seien ihm die Wohnungsbauförderungsbestimmungen „in dieser Präzision nicht präsent“ gewesen. Der Sprecher des Bausenators wollte dazu vor der Diskussion über den Untersuchungsausschuß am kommenden Donnerstag im Abgeordnetenhaus nichts sagen.

Baubetreuer Bertram hatte 1981 angeboten, auf den Rudower Feldern circa 700 Wohnungen zu einem Preis deutlich unter dem Berliner Niveau zu erstellen. Generalübernehmer, also der, der eigentlich baut, war der bayerische Bauriese WTB. Mitarbeiter der Senatsbauverwaltung und der WBK hatten mehrfach bemängelt, Bertrams Berechnungen seien unseriös. Aber Bertram genoß hochrangige Unterstützung: Nicht nur von der Lancken versprach Bertram am 22.12.1981 seine Unterstützung, auch der (Fortsetzung Seite 26)

damalige CDU-Fraktionsvorsitzende Diepgen intervenierte für ihn am 14.12.81 beim damaligen Bausenator Rastemborski (CDU). Widerstand leistete nur der damalige Umweltsenator Hassemer, der keinen Spatenstich ohne Bebauungsplan wollte. Aus Bertrams Kalender geht hervor, daß Bertram den damaligen Innensenator Lummer während eines Treffens darauf hinwies, Lummer solle Diepgen bitten, Hassemer „ins Gebet“ zu nehmen. Lummer stritt das vor dem Ausschuß ab, wollte das aber nicht beeiden. Hassemer fehlte kurz darauf in der entscheidenden gemeinsamen Sitzung von Bau- und Umweltausschuß im Oktober 1982. Bertram konnte bauen, das Ergebnis war trostlos. „Das fällt in 20 Jahren zusammen“, meinte Bauingenieur Ruths dazu. Inzwischen weiß man, daß die Baukosten doch um einige Millionen höher liegen. Darüberhinaus kassierte Bertram versteckte Provisionen in Millionenhöhe, sowohl von WTB als auch von „Stadt und Land“. Bertram, „Stadt und Land„ -Geschäftsführer Blasek und einige Mitarbeiter der Bauverwaltung wurden zu Haftstrafen verurteilt, der ehemalige Finanzstaatssekretär Schackow wartet noch auf seinen Prozeß. Die These, daß die WTB selbst hinter diesen Schiebereien steckt, habe sich nicht beweisen lassen, sagte Härtig. Der Vorgang zeige aber die Übergänge von der kriminellen Korruption zur politischen Praxis des Bauens, wie der weitgehende Verzicht auf Bauherrenwettbewerbe, von Finanzsenator Rexrodt (FDP) wieder angekündigt, oder Befreiungen vom Planungsrecht statt Aufstellung von Bebauungsplänen.Eva Schweitzer

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