: Chemie-Reinigung in Mannheim
Die drei hauptamtlichen IG-Chemie-Funktionäre bei Boehringer in Mannheim sollen versetzt werden / Gewerkschaftsbasis wurde von Hauptvorstandsbeschluß nicht informiert / „Linke“ wie „Rechte“ dagegen ■ Aus Mannheim Rolf Gramm
Mit drastischen personellen Maßnahmen will die Hannoveraner IG-Chemie-Führung jetzt ihre aufmüpfige Mannheimer Basis wieder in den Griff kriegen. Alle drei hauptamtlichen Gewerkschaftssekretäre der Verwaltungsstelle haben auf Beschluß des IG-Chemie-Hauptvorstands ihre Posten in Mannheim verloren und sind kommissarisch durch andere Funktionäre ersetzt worden. Die Mannheimer Gewerkschaftsbasis ist sauer: Sie war vor dem Beschluß der Zentrale, der seit Donnerstag gültig ist, weder konsultiert noch informiert worden.
Der Hintergrund der Maßnahme liegt in dem Gewerkschaftsausschluß der gesamten Vertrauenskörperleitung im ehemaligen IG-Chemie-Renommierbetrieb Boehringer. Durch die Auseinandersetzung zwischen der Rappe-Zentrale und den Boehringer-Gewerkschaftern ist die gesamte Verwaltungsstelle gegenwärtig in zwei fast gleichstarke Lager gespalten. Der bisherige Geschäftsführer der Mannheimer Verwaltungsstelle, Reiner Schiltz, der als treuer Gefolgsmann Hermann Rappes gilt, soll nach Informationen der taz in die Tarifabteilung der Chemiegewerkschaft versetzt werden, weil er es nicht geschafft hat, bei Boehringer und in Mannheim für eine Beruhigung der Fronten zu sorgen.
Die beiden anderen Gewerkschaftssekretäre dagegen, die als eher „boehringernah“ eingestuft wurden, sollen nach Offenburg und Karlsruhe versetzt werden. Auf einer Sitzung des Mannheimer IG-Chemie-Vorstands ist als Grund für die Verschickung dieser beiden genannt worden, „damit die Linken über die Versetzung von Schiltz keine Jubelfeten feiern“. Die zwei Betroffenen, die sich gegen ihre „Umsetzung“ wehren, sind seit Donnerstag „beurlaubt“.
Neuer Geschäftsführer soll nach der Vorstellung der IG -Chemie-Führung Klaus Fichter werden, bisher Gewerkschaftsfunktionär im bayerischen Selb. Allerdings ist dazu das Einverständnis der Mannheimer Geschäftsstelle nötig. Fast alle Vorstandsmitglieder sowohl aus dem „linken“ wie aus dem „rechten“ Lager haben sich aber am Mittwoch abend gegen die „Absetzung“ ihrer Funktionäre gewandt.
Die ausgeschlossenen Boehringer-Funktionäre haben im übrigen inzwischen zusammen mit ihrem Anwalt eine Klageschrift ausgearbeitet, um auf gerichtlichem Weg ihre Gewerkschaftsmitgliedschaft wiederzuerlangen. Die Klage wird voraussichtlich in der kommenden Woche beim Hannoveraner Landgericht eingereicht.
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