: Vom Schrott zur Kunst
■ Ingo Gradt, Rüstmeister am Bremer Theater, baute für den „Zauberer von Oos“ ein einmaliges Hexenmobil, das raucht, scheppert und blitzt: Ein Novum
Es war eine Reißbrettidee. Die Bühnenbildnerin Gabriele Jae
necke, zuständig für die Ausstattung der Inszenierung „Der Zauberer von Oos“, überlegte lange nach effektvollen Auftrittsmöglichkeiten der bösen Hexe. Ein Mobil wurde entworfen. Rauchen, scheppern, blitzen sollte es, so richtig unheimlich aussehen. Große Pläne in der Phantasie, herrliche Zeichnungen auf dem Malblock. Aber realisieren?
Kein Problem, dachte sich Ingo Gradt, Rüstmeister am Bremer Theater. Der gelernte Maschinenbauer und Fernsehtechniker scheut vor nichts zurück, was mit Effekten, Pyrotechnik, Flugwerken und Theaterwaffen zu tun hat. Ein ferngesteuerter Hase, ein Laserblitz, eine trickreiche Verwandlung - für Ingo Gradt und seinen Kollegen Karl-Heinz Gieschen ist das Berufsalltag. In „Fachkreisen“ wird er auch gern mit einer bekannten Tüftlerfigur aus der Zauberwelt Walt Disneys verglichen.
Unterhält man sich mit ihm, so meint man, seinen Ohren nicht zu trauen. Ausgleichsgetriebe, Rutschkupplung, Spannungswandler, Niedervolt - alles Begriffe aus seiner Arbeitswelt. Keine elektronische Schaltung, kein mechanisches Problem ist
für ihn unlösbar.
Das Hexenmobil entstand dank seines Erfindungsreichtums. Blechteile gab es vom Recyclinghof, Zahnräder vom Fundbüro, Scheibenwischmotor vom Schrottplatz, eine Tuba vom Instrumentenbauer. Ausgerüstet mit diesen Teilen wurde nun alles
zu seinem neuen Zweck umgewandelt. Eine Bierdose macht Lärm, die Tuba wurde zum Nebelhorn, eine Kaffeemaschine zum Temperaturregler. Weltweit einmalig, ein Novum ist die kleine 12-Volt-Nebelmaschine des Mobils, die ihre Energie aus einer Autobatterie erhält.
„Gern hätte ich dem Gerät noch einige weitere Effekte eingebaut, doch dazu reichte die Zeit nicht“, bedauert Gradt. Der Laie und Zuschauer nimmt das staunend zur Kenntnis, denn der Zaubertricks sind es wirklich genug. Und die Kinder danken es ihm.
Henning Fangauf
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen