: FU-Kanzler gescheitert
■ Nach nur vier Jahren Amtszeit nimmt der FU-Medizinkanzler Wolf Dieter von Detmering seinen Hut / Kostspielige Hinterlassenschaften
Mit den Worten: „Wir brauchen einen Mann mit frischen, wachen Augen“ hatte ihn 1984 der damalige Wissenschaftssenator Kewenig herbeigelobt: Wolf Dieter von Detmering, Kewenigs CDU-Bekanntschaft aus Lübeck, wurde der FU als Medizinkanzler vorgesetzt. Nach vier Jahren ist die (angebliche) Frische dahin: Detmering nimmt seinen Hut und kehrt auf seinen Posten nach Lübeck zurück, wo er bis 1984 Universitätskanzler war. Auffälligste Hinterlassenschaft seiner Amtszeit: Die Klinikärzte stehen bei der FU mit 5,7 Millionen Mark in der Kreide, da Detmering nicht in der Lage war, die Frage ihrer Nebentätigkeitsabrechnungen zu klären (taz berichtete mehrfach).
Detmering ist der erste Medizinkanzler der FU. Sein Abgang nach nur vier Jahren kommt einer Bankrotterklärung gleich. 1984 war die FU-Verwaltung in eine Medizin- und eine nichtmedizinische Verwaltung aufgeteilt worden - offiziell, um die Effizienz zu steigern. Hintergrund war jedoch der Versuch von FU-Präsident Heckelmann und Senator Kewenig, mit der Schaffung eines Medizinkanzlers den SPD-nahen Kanzler Borrmann kaltzustellen.
Detmering hatte bei seiner Amtsübernahme die Aufgabe, eine funktionierende Medizinverwaltung aufzubauen. Statt dessen produzierte die Verwaltung unter seiner Regie kostspielige Pleiten und Defizite. Eine schallende Ohrfeige verpaßte ihm der Landesrechnungshof mit der Rüge, daß die beiden Universitätsklinika nicht einmal in der Lage sind, ihre Aufwendungen für die defizitären Polikliniken zu berechnen. Allein im Klinikum Steglitz wurde das Defizit im poliklinischen Bereich 1986 auf fast 30 Millionen Mark geschätzt.
Detmering scheiterte auch bei seiner „Hausaufgabe“: bei dem Versuch, die neu errichtete Medizinverwaltung zu organisieren. Einen 1985 von ihm vorgelegten Plan wischte die Bürokratie von Wissenschaftssenator Turner vom Tisch. Daß daraufhin die FU-Medizinverwaltung nach einem ihm unterschobenen Plan aus Turners Haus organisiert wurde, wertete man in der FU-Verwaltung als schwere Niederlage für ihn.
Regelrecht demontiert wurde Detmering, als 1986 ein Generalbeauftragter für das Uni-Klinikum Rudolf Virchow neu eingesetzt wurde, der ihm die Hälfte seiner Kompetenzen entzog. Detmering bewarb sich schon seit Jahren auf universitäre Kanzlerstellen in Westdeutschland, wurde jedoch mehrfach abgewiesen, ehe ihm Lübeck nun eine Rückkehr-Zusage erteilt. Der genaue Termin seiner Rückkehr steht allerdings noch nicht fest.
wist
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