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Nichts nachgeredet

■ Zehlendorfer Altenpflegeheim erhält keinen Schadensersatz / Fernsehjournalist und SFB waren angeklagt wegen „Falschdarstellungen“ in „Abendschau„-Reportage

50.000 Mark wollte ein Altenpflegeheim von einem freien Journalisten als Schadensersatz für die verletzte „Firmenehre“, doch die 27. Kammer des Landgerichts wies die Forderung am Dienstag zurück. Weder Jost Bösenberg, freier Fernsehjournalist, noch der Sender SFB, von dem das Zehlendorfer Pflegeheim Fröhlich ebenfalls 50.000 Mark Schadensersatz kassieren wollte, müssen zahlen.

In der mündlichen Begründung umging die Kammer den heiklen Inhalt der Reportage, die den Journalisten fast teuer zu stehen gekommen wäre und wies die Anträge auf Schmerzensgeld zurück, weil die GmbH, die das Altenheim juristisch gesehen führt, kein Recht auf Schmerzensgeld geltend machen könne.

Bösenberg war im März 1985 von einem ehemaligen Pfleger des Hauses Fröhlich über „kuriose Sachen“ informiert worden, die sich in dem Altenheim abspielen sollten. Bei einem Treffen mit Pflegern erfuhr er dann genaueres: Katheder und Einwegspritzen sollten mehrfach benutzt worden sein, als Standard-Medikament werde bei jeder Gelegenheit das ohnehin sehr umstrittene Mittel Novalgin verabreicht. (Das Medikament wurde inzwischen vom Markt genommen, d. Red.)

Die Pfleger, von denen bereits zwei gekündigt hatten, waren bereit, vor den Kameras des SFB ihre Anschuldigungen zu wiederholen. Zwar beantragte die Heimleiterin gegen die Sendung der Reportage erfolgreich eine Einstweilige Verfügung, doch Bösenberg konnte im Widerspruch gegen den Gerichtsbeschluß eidesstattliche Versicherungen der Pfleger vorweisen, mit denen diese ihre Aussagen erhärteten. Ohne die Erklärungen, erläuterte er gestern der taz, hätte der SFB den Beitrag gar nicht von ihm gekauft. Die Einstweilige Verfügung gegen die Sendung wurde aufgehoben, am 1.Juli 1985 brachte die „Abendschau“ die Reportage.

Regierungsdirektor Walter, der für den Sozialsenat die Heimaufsicht in Berlin leitet, hatte nach der Sendung „sämtliche Vorwürfe überprüft“. Seine Beamten hätten zwar 1985 „nichts gefunden“, doch „unsere Mittel sind vielleicht auch unzureichend“, erklärte er gegenüber der taz. Noch im Januar dieses Jahres fand eine Durchsuchung des Zehlendorfer Heims mit großem Polizeieinsatz statt, nachdem bei der Staatsanwaltschaft eine Anzeige eingegangen war.

Journalist Bösenberg meint heute, es sei „eine Sauerei“, daß die Tatsachen, die damals bezeugt wurden, nicht mehr diskutiert würden, während die Pfleger, die mutig genug für eine Stellungnahme waren, mit Geldbußen bedroht würden. Von den Alten, die für jedes Aufmucken leicht bestraft werden könnten, sei keine Beschwerde über Schlampereien zu erwarten.

Eine der Pflegerinnen, die 1985 vor der Kamera die Zustände bei Fröhlichs beklagte, ging in einem Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage in Moabit bereits einen Vergleich ein. Ihre vier Kolleginnen, von denen das Altenheim Fröhlich immerhin 6.000 Mark pro Person an Schmerzensgeld forderte, müssen laut Landgerichtsbeschluß ebensowenig zahlen wie der Journalist und der Sender.

Allerdings sind gegen einige noch Strafverfahren wegen uneidlicher Falschaussage und übler Nachrede anhängig.

Werner van Bebber

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