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Bequem und energiesparsam

■ Energieversorgungsunternehmen wollen gemeinsam Energiesparer werben Betriebswirtschaftlich unternehmensschädlich / Bremen Vorbild für andere

Die Menschen wollen es „bequem, komfortabel und angenehm“ haben in ihrem Leben, stellte der Direktor der Bremer Stadtwerke, Günter Czichon gestern fest. Daran haben die Energieversorgungs-Unternehmen (EVU) bisher gut verdient. Aber seit einigen Jahren werden die Rolltreppen an den Fußgängerunterführungen abgestellt, Wärmedämmungen angebracht, Spar-Modelle für die Haushalte von

Küche bis Toilette entwickelt - und die Unternehmen, die am Verkauf von Strom und Wasser verdienen, sollen den Trend zum Sparen unterstützen?

An die 50 Herren und drei Damen aus bundesdeutschen EVU's kamen am Donnerstag morgen im Bremer Hotel zur Post zusammen, um diese auf den ersten Blick absurde Sache zu beraten. Denn die kommunalen EVU's sind der Form nach gewöhnliche Unternehmen, die ein gewöhnliches kapitalistisches Interesse am maximalen Verkauf haben (müssen). Aber sie sind gleichzeitig als Monopolunternehmen auch verantwortlich für eine zeitgemäße Energiepolitik, und da bedrängen die guten ökologischen Argumente für's Sparen den unternehmerischen Zeitgeist. „Energiesparen auch als Unternehmensziel bewußt zu machen, ist schwer“, gestand der Bremer Stadtwerke-Chef Czichon. Das sei auch in seinem Betrieb nach dreijährigen Bemühungen „noch nicht voll erreicht“, aber „das muß man durchstehen.“

In Bremen gibt es immerhin eine Beratungsstelle, die in zentraler Lage in der Sögestraße mit vielfältigem Informationsmaterial und Fachkenntnissen dem energiebewußten Bürger offen

steht. „So schön wie Sie es in Bremen haben, haben wir es alle nicht“, gestand der Bielefelder Stadtwerke-Chef Wilfried Überhorst. In anderen Kommunen ist die Sparberatung Teil der allgemeinen Kundenberatung - und die ist noch traditionell auf Verkauf getrimmt. Wer hilft den Unternehmen, mit diesem Widerspruch politisch verantwortungsbewußt umzugehen? „Da tun auch unsere Verbände zu wenig“, beklagte sich ein Vertreter aus Rottweil.

Und so war die Runde gekommen, um von Bremen zu lernen. „Im günstigsten Fall werden Sie genauso ineffektiv sein wie wir“, lenkte der Bremer Stadtwerke-Chef ungeschminkt auf sein Anliegen: Nicht mehr jedes „EVU“ für sich soll sich allein der Problematik stellen müssen und entsprechende Informationsmaterialien

und Computer-Programme für die Beratung erstellen. Die gutwilligen EVU's sollen das im Verein und gemeinnützig zusammen tun. Ein eigener Verein muß her, denn, so Czichon diplomatisch, die Interessenverbände der Elektrizitätswirtschaft sind „nicht in jedem Fall das eleganteste, beweglichste und flexibelste Modell.“

Der Leiter der Bremer Beratungsstelle, Dipl.-Ing. A. Bröker, erklärte den neugierigen Kollegen aus anderen Kommunen ganz offen, daß „gemessen am Einspareffekt die Kosten und Nutzen in einem Verhältnis“ stehen. Auch deswegen suchen die Bremer die Kooperation - es geht den Stromversorgungs-Unternehmen um das politische Ziel, „die allgemeine Bewußtseinswerdung in der Bevölkerung voranzutreiben.“

K.W.

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