: Atommacht TU?
■ Wie StudentInnen versuchen, der AKW-Forschung an der TU auf die Spur zu kommen
„Was fällt Euch ein beim Stichwort Atomprojekte? Gorleben? Wackersdorf? Tschernobyl? Aber nicht die TU - oder?“ Mit dieser Frage wandte sich die Anti-AKW-Gruppe der TU im Sommer an die Uni-Öffentlichkeit. Seit Anfang des Jahres versucht diese Gruppe, die Atomforschung an der TU zu recherchieren und Zusammenhänge zwischen TU -Forschungsprojekten und der Atomindustrie sowie persönliche Verflechtungen zwischen TU-Professoren und der Atomlobby nachzuweisen. Für die StudentInnen ist die Forschung eine entscheidende Stütze des Atomprogramms.
Es lag nahe, sich zuerst mit dem Kerntechnischen Institut (KTI) am Fachbereich 10 (Verfahrenstechnik) zu beschäftigen. „Wir wollten nachweisen, inwieweit das KTI eine Stütze des Atomprogramms der BRD ist“, so Thomas, einer der Studenten aus der Anti-AKW-Gruppe. Informationen über Atomforschung an der TU finden sich an höchstoffiziellen und frei zugänglichen Stellen, etwa im Rechenschaftsbericht des TU -Präsidenten oder in der Liste der Veröffentlichungen des Instituts. So wird zum Beispiel für 1986 unter neu finanzierte Drittmittelforschung ein Projekt von Professor Ulfried Wesser (KTI) zum Thema „Analyse stochastischer Signalkomponenten aus Zweiphasenströmungen“ aufgelistet. Drittmittelgeber: Euratom, Gesamtförderungsbetrag 237.130 Mark. Schon 1985 förderte die Euratom Prof. Wesser bei einem Projekt namens „rechnergesteuerte Auswertung aufgezeichneter Temperatursignale“. Ist es für den Laien schon nicht einfach, hinter unverdächtig wissenschaftlich klingenden Titeln der Forschungsprojekte einen Beitrag zur AKW -Forschung zu entdecken, so ist die Einschätzung des (energie)politischen Stellenwerts der einzelnen Forschungsprojekte noch schwieriger. Offiziell wird nach Verlautbarungen des Fachbereichs nur im Namen der Sicherheit geforscht. „AKW-Erhaltungsforschung wäre der passende Name“, finden die StudentInnen. Zum Beispiel die Arbeiten von Professor Gerhard Memmert, bis zu seinem Wechsel an die TU 1971 Leiter der Abteilung Physik der Interatom GmbH, im Bereich Sicherheitsanalysen über Wiederaufbereitung, Transport und Endlagerung. Von 1977 bis 1985 war Memmert an der „Projekt-Sicherheitsstudie Entsorgung PSE“ beteiligt. In diesem Zusammenhang wurde u.a. die Radionukleidausbreitung im Salzstock Gorleben hochgerechnet. „Solche Forschung hat dann eine besondere Bedeutung, etwa bei der gerichtlichen Absicherung von Atomanlagen“, erklärt Thomas. Oben erwähnte Studie sei von der Reaktorsicherheitskommission 1983 zum Anlaß genommen worden, um die Vorschrift zu erlassen, daß solche Sicherheitsanalysen ausreichend seien, um die Eignung einer Endlagerstätte nachzuweisen. Auch an anderen Fachbereichen fanden die StudentInnen Hinweise auf AKW -Forschung. So wurde am Fachbereich Technische Chemie zum Beispiel die Verwertbarkeit uranhaltiger Kohle untersucht. Mit der „Technischen Nutzbarkeit uranhaltiger Kohlen“ beschäftigt sich auch ein Forschungsprojekt am FB 16 (Bergbau und Geowissenschaften). Aus den Rechenschaftsberichten, Veröffentlichungslisten etc. gehe allerdings, so Thomas, nur hervor, „was sie gemacht haben. Was sie jetzt im Moment machen, wissen wir nicht. Es gibt an der TU sicher noch viel mehr, was wir noch nicht herausgefunden haben.“ Diese Anti-AKW-Gruppe sucht daher noch mehr InformantInnen auch aus anderen Fachbereichen. Was sie mit ihrer Arbeit erreichen wollen? „Erst mal Öffentlichkeit herstellen, klar, aber uns geht es in einem zweiten Schritt auch darum, zu überlegen, in welcher Form Widerstand gegen solche Forschung an der TU geleistet werden könnte.“
-guth
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