: Spitzel aus der taz
■ taz dokumentiert einen Sonder-Bericht, der uns zugespielt wurde, im Wortlaut:
An das Landesamt für Verfassungsschutz, Flughafen, Postfach
Das Amt hatte mich gebeten, in dieser Woche vor allem das Verhalten des Bildungssenators zu dem Objekt zu beobachten. Der hat sich aber wie ein Zeitungs-Macher verhalten und weder abfällige Bemerkungen über Senator Berninghausen noch über andere Parteifreunde gemacht. Ich muß dazu allerdings mitteilen, daß ich bei dem abendlichen Umtrunk nicht dabei bleiben konnte, ein solcher Wunsch hätte insbesondere nach den Berliner Vorfällen, nach denen ich zu besonderer Vorsicht gemahnt worden bin, aufdringlich wirken können. Am folgenden Tag standen drei leere Flaschen Sekt, etwa 12 Flaschen Bier und eine halbe Korn auf dem unaufgeräumten Redaktionstisch.
Zur Nachfrage zu den zerschlissenen Hüttenschuhen, die in der Fernsehsendung vom Mittwoch abend gezeigt wurden: Am Donnerstag lagen sie in einer Ecke, so daß davon ausgegangen werden kann, daß sie mehrfach genutzt werden.
Insbesondere in dieser Woche zeigte sich die Redaktion doch durch die Sonderwünsche der „Chefs“ erheblich geschlaucht. „Endlich ist das fürs erste vorbei“, hat (Name gestrichen, d. Red.) am Donnerstag morgen gesagt. Mit dem Generalintendanten Richter und dem Bildungssenator Franke soll die Serie der fremden „Chefs“ beendet sein.
Zur Bewertung möchte ich folgendes anmerken: Zwar haben sich die Redaktionsmitglieder dem Willen der „Chefs“ weitgehend gebeugt und das auch gern getan.
Es soll sogar „interessant“ gewesen sein, warum, wurde nicht gesagt. Das darf aber nicht so mißverstanden werden, daß nun verfassungsfeindliche Tendenzen nicht mehr zum Zuge kommen sollen. Im Gegenteil: In einer knappen Auswertung fiel das Wort „Bonzenblatt“ (ich hoffe, das habe ich nicht mißverstanden), von einer rothaarigen Frau wurde gefordert, nun sollten gezielt „linksradikale Seiten aufgezogen“ werden. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob der Bildungssenator durch das Interview mit der Buten & Binnen -Moderatorin Carola Krause - „Verstärkung für Stänkerer“ eine taz-Kritik „in seine Ausgabe geschmuggelt“ habe.
Die Besprechung darüber wurde am Donnerstag früh abgebrochen, einige der Anwesenden mußten „Nottouren“ fahren und Zeitungen austragen. Auf plötzlichen Schnee-Einbruch war der Zustelldienst offenbar nicht eingestellt und die „Träger“, wie sie in der taz genannt werden, bekommen auch keinen Schnee-Zuschlag. Die taz werde aber von den Austrägern zunehmend als normaler „Arbeitgeber“ gesehen, erklärte ... in der aufgeregten Redaktionsbesprechung. „Die taz als selbstorganisiertes Projekt“ sei damit völlig überfordert.
Rosi Roland
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