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Militärunruhen in Argentinien

■ Sondersitzung von Kabinett und Generalstab / Regierungstreue Militäreinheiten umstellen Militärakademie Campo de Mayo

Buenos Aires (afp) - Argentinien ist am Donnerstag und Freitag von mehreren Meutereien der Armee erschüttert worden. Nach einem Aufstand in einer der bekanntesten Militärakademien des Landes traten Kabinett und Generalstab am Freitag in Abwesenheit des in den USA weilenden Staatspräsidenten Raul Alfonsin zu dringenden Sondersitzungen zusammen. Zu der Infanterie-Akademie Campo de Mayo seien Truppen und Panzer entsandt worden, teilte Armeechef Dante Caridi mit. Ein selbsternannter Sprecher der Aufständischen bestritt in einem telefonischen Rundfunkinterview, daß mit der Meuterei ein Staatsstreich vorbereitet werden solle. Es handle sich um eine „innere Angelegenheit des Heeres“. Den Berichten zufolge hatten sich die Soldaten der Infanterie-Akademie Campo de Mayo bei Buenos Aires erhoben und Oberst Mohamed Ali Seineldin zu ihrem Anführer gemacht, der nach vier Jahren als Sicherheitsberater in Panama wieder nach Argentinien zurückgekehrt war.

In den Stützpunkt wurden am Freitag verschiedenen Berichten zufolge Waffen hereingeschafft. Auch die über 50 bewaffneten Marine-Soldaten der Eliteeinheit Albatros, die am Donnerstag nach einem Meutereiversuch mit Armeelastwagen geflohen waren, sollen sich nach Rundfunkberichten in Campo de Mayo befinden und sich Seineldin unterstellt haben. Seineldin genießt bei den mittleren Offiziersrängen großen Respekt, hat aber Gegner in der Militärspitze, die seine in diesem Jahr vorgesehene Beförderung zum General verhindert haben sollen. Seineldin soll bereits bei den von Oberstleutnant Aldo Rico angeführten Putschversuchen Ostern 1987 und Januar 1988 eine Rolle gespielt haben.

Nach Angaben aus Militärkreisen kam es am Donnerstag in insgesamt drei Stützpunkten bei Buenos Aires zu Aufständen. Regierungstreuen Truppen sei es jedoch gelungen, die Meutereien der Regimenter von La Tablada, Mercedes und La Plata schnell niederzuschlagen. Hintergrund der Meutereien war offenbar zum einen Unzufriedenheit mit der Alfonsin -Regierung, zum anderen Kritik an internen Armeeangelegenheiten und der Besoldung. Als mögliche Anführer wurden zunächst sechs Offiziere festgenommen unter ihnen auch Hauptmann Rafael Videla, Sohn des argentinischen Ex-Präsidenten Jorge Rafael Videla, der das Land von 1976 bis 1981 regierte und zur Zeit wegen massiver Menschenrechtsverletzungen eine 25jährige Haftstrafe verbüßt. Der Aufstand am Donnerstag hing offenbar mit den Putschversuchen an Ostern 1987 und im Januar 1988 zusammen. Die Soldaten hätten immer wieder Hochrufe auf den wegen der beiden Putschversuche inhaftierten Oberstleutnant Aldo Rico angestimmt, hieß es.

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