: Fundi-Appelle gegen Parteiaustritte
■ Die geschaßte Grünen-Vorstandssprecherin Jutta Ditfurth sieht „gute Chancen“ für einen Neuanfang Am Sonntag soll kommissarischer Vorstand aus den Reihen des Bundeshauptausschusses gewählt werden
Berlin (taz) - Die „Linken“ bei den Grünen sollen auch nach der Abwahl des Bundesvorstandes die Partei nicht verlassen. Ex-Bundesvorstandssprecherin Jutta Ditfurth erklärte gestern in Bonn, die „ökologische Linke“ habe zwar eine Niederlage erlitten, aber es gebe dennoch gute Chancen für einen Neuanfang. Weiter plädierte sie dafür, sich auf eine „inhaltliche Polarisierung“ vorzubereiten und beim kommenden Parteitag - der voraussichtlich Anfang März stattfinden wird - erneut zur Wahl des Bundesvorstandes anzutreten. Die Partei-Linke habe auch nach dem Parteitag nicht resigniert und wolle weiter um die Mehrheit in der Partei kämpfen.
Am Sonntag soll aus den Reihen des Bundeshauptausschusses ein kommissarischer Vorstand gewählt werden. Die Sprecherin des 32 Mitglieder starken Hauptausschusses, Marina Groß, versprach, bis dahin werde es bei den Grünen „kein Vakuum“ geben. Der Bundeshauptausschauß, zwischen den Parteitagen das höchste Gremium der grünen Partei, war am vergangenen Wochenende mit der weiteren Führung der Vorstandsgeschäfte beauftragt worden.
Ebenso wie Jutta Ditfurth erklärte deren Ex -Vorstandskollegin Regina Michalik, der linke Flügel müsse bei einem Treffen im Januar klären, ob es in und mit der Partei noch Möglichkeiten für eine radikaldemokratische Politik gegen die herrschenden Verhältnisse in der Bundesrepublik gebe. Gemeinsam warfen sie der „Aufbruch -Gruppe“ vor, den Realos als Mehrheitsbeschaffer gedient zu haben. Die Gruppe um Antje Vollmer verwahrte sich ihrerseits gegen „Dolchstoßlegenden“ und betonte, sie habe sich nie an Allianzen zum Sturz des Vorstandes beteiligt.
Ausdrücklich bekannte sich Jutta Ditfurth zum Bündnis -Charakter der Grünen. Die Partei sei auch nie eine rein linke Partei gewesen.
Die Grüne Fraktion im Bayerischen Landtag wertete gestern das Votum des Karlsruher Parteitages „als Aufbruch zur Rückbesinnung auf die Grundlagen Grüner Politik“. Fraktionssprecherin Ruth Paulig begrüßte „vor allem die Chance, der durchweg erfolgreichen Arbeit der grünen Basis vor Ort bundesweit wieder den angemessenen Stellenwert zu verschaffen“. Der Bundesvorstand sei schon seit längerem nicht mehr als „der Repräsentant“ für die Arbeit der Partei gesehen worden. Die Kluft zwischen dem Engagement sowohl in kommunalen Gremien als auch in außerparlamentarischen Initiativen und dem „von hausgemachten Skandalen geprägten bundesweiten Erscheinungsbild“ sei am Ende einfach zu groß geworden. Für den Bundesvorstand müsse nun sichergestellt werden, daß er auch die inhaltlichen Arbeitsschwerpunkte repräsentiere. Allen Versuchen, die Beschlüsse in Karlsruhe als Sieg eines Flügels darzustellen, erteilte Paulig eine Absage und wertete sie als „kontraproduktiv und nicht gerechtfertigt“. Es würden damit nur die Chancen, die sich den Grünen jetzt eröffneten, von vorneherein zunichtegemacht.
Eine „Chance“ sah gestern auch die Sprecherin des Landesvorstandes der Baden-Württemberger Grünen, Heide Rühle. Die Abwahl des Bundesvorstandes resultiert für sie aus der „Bunkermentalität“ der Vorstandsmitglieder im Umgang mit den erhobenen Finanzvorwürfen. Auch sie betonte: „Wir brauchen jetzt einen integrationsfähigen und alle Strömungen der Partei repräsentierenden Bundesvorstand.“
Wolfgang Gast
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