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Predigt für Sozialstaat

■ Scherf eröffnet Ausstellung des DPWV / Projekte auf staatliche Unterstützung angewiesen / Impulse von Initiativen für Selbstverwaltung und Beschäftigung

„Mir wird nachgesagt, solche Anlässe zu großen Predigten zu nutzen. Das will ich mir heute verkneifen“, sagte Bürgermeister und Sozialsenator Hennin Scherf, um dann doch an das Gottvertrauen der Anwesenden zu appellieren:“ Ich wünsche Ihnen Kraft für Ihre weitere Arbeit, auf die Stadt und das Land Bremen können Sie sich da nicht verlassen!“ Adressaten dieses Aufrufs: Etwa 200 Mitglieder und MitarbeiterInnen von Einrichtungen des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands (DPWV), die sich gestern zur Eröffnung der Ausstellung „Was heißt denn hier sozial?“ in der Unteren Rathaushalle versammelt hatten.

Die Ausstellung zeigt, daß die Antwort auf die selbstgestellte Frage sehr vielfältig ist. Etwa 70 Mitgliedseinrichtungen des Breme DPWV, darunter Fraueninitiativen, Behinderteneinrichtungen, Kinder- und Jugendprojekte und Organisationen aus der Kultur-und der Altenarbeit informieren „unter einem Dach“ über die Bandbreite ihrer Arbeit, Aufgaben und Zielsetzungen. Eine Ausstellung dieser Art ist in der Bundesrepublik bisher einmalig. DPWV-Bundesvorsitzender Prof. Dieter Sengling sprach gestern denn auch von einem „Markt der Möglichkeiten“, der Vorbild für andere Landesverbände sein könne und deutlich mache, wie Leute ihre Probleme

selbst definieren und solidarisch und eigenständig lösen könnten.

Der DPWV hat sich in den letzten Jahren vorrangig zu einem Dachverband für Initiativen und Projekte aus der alternativen Szene entwickelt. Seine Mitgliederzahl ist in der letzten Zeit erheblich gestiegen, allein in Bremen um mehr als das Doppelte. Von der Hansestadt sind nach Aussagen von Sengling erhebliche Impulse für den Bundesver

band ausgegangen, insbesondere in den Bereichen Selbstverwaltung und Beschäftigungsinitiativen.

Der DPWV-Vorsitzende betonte, daß die Initiativen ihre Arbeit aber nur fortsetzen könnten, wenn es die nötige staatliche Unterstützung gebe. Ganz aus dieser Verpflichtung wollte Henning Scherf sich dann doch „nicht abmelden“ und signalisierte auch für die Zukunft finanzielle Hilfe.

Die wird auch nötig sein. Ein Großteil der Initiativen, die im DPWV zusammengeschlossen sind, stützen ihre Aktivitäten ganz wesentlich auf die Arbeit von ABM-Kräften. Und die können nach dem Inkrafttreten der 9.AFG-Novelle nicht mehr bezahlt werden. om

Die Ausstellung dauert noch bis zum kommenden Sonntag und ist täglich in der Zeit von 10.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.

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