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„Ich hab‘ auch Visionen“

■ Ilse Janz will erst die SPD führen, dann in den Bundestag und irgendwann Biblis abschalten

Parteitratsch, Gerüchte, Intimfreunde und -feinde Fehlanzeige. Besonders viel scheinen die GenossInnen in der SPD bislang über die Genossin Ilse Janz nicht gerade zu wissen. Bloß in einem Punkt sind sich die meisten ganz sicher: Ilse Janz wird ihre neue „fröhliche, selbstbewußte, energische und nachgiebige“ (Janz über Janz) Parteivorsitzende.

Der Partei hat die sportive Hobby-Radrennfahrerin und private Liebhaberin von französischer und italienischer Küche („Ich koche, den Abwasch macht mein Mann“) und von Rosa Luxemburg („erfrischende Lektüre“) mehr als die Hälfte ihres Lebens „gedient“. Bei den Jusos trat sie vor 24 und mit 19 Jahren ein, saß später im Bremerhavener Parteivorstand, in der dortigen Stadtverordnetenversammlung und 10 Jahre im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen („Feministin bin ich aber nur gelegentlich, beim Gerede von mehr Weiblichkeit in der Politik stehen mir die Haare zu Berge“), ehe sie 1987 in die Bürgerschaft einzog.

Acht Stunden am Tag arbeitet sie full-time „nebenher“ für die eigene ökonomische Unabhängigkeit und für die Bremerhavener Stadtwerke und sorgt dafür, daß säumige Zahler dort ihren (Atom)strom bezahlen. Politisch gehört der Ausstieg aus der Atomenenergie zu ihren wichtigsten Zielen, sagt sie. Ihr Image als Pragmatikerin und solide Parteiarbeiterin hält Janz eher für ein Vorurteil: „Das hängt wahrscheinlich mit meiner Herkunft zusammen. Bloß weil ich statt eines Hochschulabschlusses 'nur‘ Hauptschule vorweisen kann, bin ich noch lange nicht unfähig, Zukunftsperspektiven für die Partei zu entwickeln. Ich habe auch Visionen.“ Welche? „Na, zum Beispiel die AKWs Stade und Biblis abschalten.“

Das Handwerk, einer Partei vorzustehen, hat sie sich laut Selbstauskunft weniger von ihrem Vorgänger Herbert Brückner als von dessen Vorgänger abgeguckt: „Mein Vorbild ist Hans Dieter Müller. Müller konnte nach innen die unterschiedlichen Flügel integrieren, nach außen langfristige Strategien und Ziele vermitteln.“ Wichtigste Änderung für sie selbst, seit sie kommissarisch den Parteivorsitz für den zurückgetretenen Herbert Brückner übernommen hat: „Die Sitzungen des Landesvorstand dauern seitdem zwar ein bißchen länger, aber dafür können alle ausreden.“

Ihren Bürgermeister kennt Ilse Janz schon aus gemeinsamen Juos-Zeiten. Daß sie Wedemeier nach dem letzten SPD -Parteitag, der das Senatsumbildungskonzept absegente, spontan um den Hals fiel, will Ilse Janz aber nicht überbewertet wissen: „Wir kommen gut miteinander aus, aber wenn's nötig ist, stehe ich auch Konflikte mit ihm durch.“

Wahrscheinlich aber nur bis 1990. Dann will Ilse Janz in den Bundestag. Bei ihrem ersten Anlauf scheiterte sie gegen den Bremerhavener SPD-MdB Horst Grunenberg - für sie selbst aus einem einfachen Grund: „Ich hab mich zu scharf gegen Rüstungsindustrie ausgesprochen.“ 1990 will Ilse Janz zum zweiten Mal Anlauf nach Bonn nehmen. Wenn's klappt, braucht die Bremer SPD mal wieder eine neue Vorsitzende.

K.S.

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