piwik no script img

40 Jahre Männeruni

■ 300 Frauen diskutierten am Mittwoch abend in der FU über ihre Belange

„Wir Frauen müssen zugreifen. Belohnt wird in politischen Auseinandersetzungen niemand“, ruft Eva Heilmann der Menge zu. Sie gehörte 1948 zu den ersten StudentInnen der Freien Universität Berlin. Frauenpolitik war damals noch kein Thema. Heute ist die ehemalige Chemiestudentin eine glühende Verfechterin des Quotenmodells, „da man es den Männern ja mit Vernunft nicht beibringen kann!“ Erfahrungen von Frauen an und mit der FU seit 1948 standen im Mittelpunkt des ersten FU-Frauen-Forums am Mittwoch abend.

Organisiert hatten die Veranstaltung die Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauenstudien und Frauenforschung (ZE) und die AStA-Frauen. Das Frauen-Forum versammelte zum ersten Mal in der Universitätsgeschichte Frauen aller universitären Statusgruppen - das heißt Studentinnen, Professorinnen, sonstige Mitarbeiterinnen und Frauen, die im Mittelbau beschäftigt sind, zu einem öffentlichen Erfahrungsaustausch.

40 Jahre FU - das sind 40 Jahre Männeruniversität. „Frauen wurden in den Festvorträgen nicht erwähnt“, so Betty Böhmer von der ZE Frauen. Die Bilanz der 40 Jahre sieht aus Frauensicht auch nicht besonders gut aus: 1986/87 gab es an der FU gerade mal sieben C4-Professorinnen, das entspricht einem Anteil von 2,7 Prozent. Dabei ist die Freie Universität eigentlich ein Frauenbetrieb: über 70 Prozent der sonstigen MitarbeiterInnen sind Frauen; rund die Hälfte aller Studenten weiblich.

In den siebziger Jahren habe sie sich mal gefragt, warum FU nicht als Abkürzung für Frauen-Universität stehe, erinnert sich Gisela Vollrath vom Berliner Frauenforschungs-, Bildungs- und Information-Zentrum FFBIZ. Damals fanden an der FU die ersten autonomen Frauen-Seminare statt. Die FU wurde zum Kernpunkt der Frauenstudienbewegung. Doch die Eroberung der Institutionen ist den Frauen bekanntermaßen nicht geglückt. „An einer solchen Universität möchte ich gar nicht Professorin sein“, stellte Katharina Pollner vom AStA -Frauenreferat klar. Nicht nur Karrierechancen und Benachteiligung von Frauen, sondern auch Lehrinhalte und Strukturen dieser Universität müßten diskutiert werden. „Hier an dieser besetzten Uni muß die Uni an sich hinterfragt werden.“

„Habt Ihr Utopien gehabt, als Ihr anfingt?“ - so die Frage der Studentinnen an die Professorinnen. Die Diskussion werde immer nur auf die Benachteiligung von Frauen in Forschung und Lehre beschränkt, kritisierten auch die sonstigen Mitarbeiterinnen. Deutlich wurde ein ums andere Mal, wie wenig frau über die Probleme der jeweils anderen Gruppe weiß.

Zuviel Informationen und keine Diskussionsmöglichkeit wurde am Ende der vierstündigen Veranstaltung, an der rund 300 Frauen teilnahmen, kritisiert. Und auch auf konkrete Forderungen konnte frau sich noch nicht verständigen. Während draußen vor der Hörsaaltür in der besetzten Rostlaube allerorten die Revolte organisiert wurde, taten die Teilnehmerinnen des Frauen-Forums sich eher schwer damit - wie die Professorin Elfriede Walesca Tielsch gefordert hatte - „die Gunst der Stunde für die Frauen zu nutzen“.

Frauke Langguth

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen