: Beschlossene Sache: teure Staatsamateure
■ Der Laurien-Plan, 15 Ausbildungsstellen für Spitzensportler bei der Polizei einzurichten, ist umstritten / Jährliche Kosten: 750.000 Mark
Die Reaktionen auf die Ankündigung des Senats, 1989 im Polizei-Etat 15 zusätzliche Ausbildungs-Stellen für Berliner und bundesdeutsche Spitzensportler einzurichten, schwanken zwischen euphorischer Zustimmung und verständnisloser Ablehnung. Wie berichtet, soll die Ausbildungsdauer von den üblichen zweieinhalb auf fünf Jahre erhöht werden, damit, so Sportsenatorin Laurien, die Nachwuchs-Sportler „Zeit für angemessenes Training“ haben.
Für Manfred von Richthofen, den Präsidenten des Landessportbundes Berlin (LSB), wird ein jahrelanger Traum zur Wirklichkeit: „Das haben wir schon lange gefordert. Damit ziehen wir mit den Möglichkeiten, die für Sportler in der Bundesrepublik schon lange geschaffen wurden, endlich gleich.“ Von Richthofen verweist auf die Sportkompanien der Bundeswehr, bei denen sich die Soldaten nach der Grundausbildung vollends auf ihren Sport konzentrieren könnten, und meint, „bisher hatten wir ja hier nichts Vergleichbares“.
Harte Kritik an der Beschäftigung hauptamlicher Sportler bei der Polizei übt hingegen der Vorsitzende der Sozialdemokraten in der Polizei, Jörg Kramer: „Die Finanzierung des Spitzensports zu Lasten der Allgemeinheit und auf Kosten des Breitensports stellt für uns eine Verhöhnung der Berliner Polizei dar.“ Obwohl bei der Kriminalpolizei großer Bedarf bestehe, so Kramer, würden im nächsten Jahr viele Stellen nicht besetzt werden. Das passiere unter Hinweis auf die gespannte Haushaltslage. Kramer: „Offenbar scheint nur noch Geld für Wasserwerfer, gepanzerte Sonderwagen, Einsatzfahrzeuge und Ausrüstung von Sondereinheiten dazusein.“ Weiter verweist Kramer darauf, daß die Beamten wegen der vielen Überstunden nicht mehr in der Lage seien, einen Ausgleichssport zu betreiben.
Einen anderen Aspekt bringt Hans-Jürgen Kuhn, der sportpolitische Sprecher der AL, ins Spiel: „Mir ist völlig unklar, wie es vertraglich verhindert werden kann, daß die Sportler nach fünf großzügig finanzierten Jahren bei der Polizei einfach aufhören und die Stadt und den Beruf wechseln.“ Sinn der Übung, so Kuhn, könne doch nur sein, daß die Sportler später auch tatsächlich bei der Polizei blieben. Gegen eine soziale Absicherung der Spitzensportler habe Kuhn zwar nichts, aber hier liege offenbar der falsche Weg vor. „Auf Kosten der Allgemeinheit darf sowas nicht gemacht werden.“ Außerdem prangerte Kuhn an, daß jeder Sportler jährlich 50.000 Mark koste. „Eine Viertelmillion mal eben so zu verpulvern, das ist eine absolute Frechheit.“
hosch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen