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„Freiheit stirbt mit Sicherheit“

Bundeskongreß zu geplanten Sicherheitsgesetzen und Demokratie in Köln / Manifest verabschiedet / BürgerInnen-Rechtsbewegung gefordert / Aufruf zu Blockadeaktion gegen Bundesamt für Verfassungsschutz  ■  Aus Köln Hartwig Lohmeyer

Gering war die Beteiligung am bundesweiten Kongreß „Freiheit stirbt mit Sicherheit“ am Freitag und Samstag in Köln. Nur 250 Leute, überwiegend Exponenten der unterschiedlichsten sozialen Bewegungen, waren der Einladung von Grünen und links-alternativen Bürgerrechtsorganisationen gefolgt, um in zahlreichen Arbeitskreisen und Foren über „Innere Sicherheit“ und Strategien zur Erneuerung der Demokratie zu debattieren.

In seinem Eingangsreferat zu 40 Jahren Grundgesetz hatte Professor Jürgen Seifert, Mitglied der schleswig -holsteinischen Enquetekommission, Verfassungsreform, ungelöste Probleme und demokratische Defizite in der Bundesrepublik skizziert und beklagt, daß eine politisch -soziale Bewegung fehle, die die demokratische Entwicklung als Ganzes im Blick habe. Der Ruf nach einer BürgerInnen -Rechtsbewegung zog sich dann auch durch die Veranstaltung. Die Liste der Themen, die die TeilnehmerInnen auf dem ursprünglich drei Tage angesetzten Kongreß zu behandeln hatten, las sich wie ein zukünftiger Aufgabenkatalog: neue „Sicherheitsgesetze“, Paragraph 129a, Polizeitaktiken, hochtechnisierte Herrschaftsinstrumente wie Gentechnologie und ISDN, Notwendigkeit zur Überwindung von Parlamentarismus, Volksentscheid, Gefahren des zukünftigen europäischen Binnenmarktes bis hin zur Bündnisfrage mit Autonomen.

Häufig blieben die Dikussionen in der philosophisch -soziologischen Betrachtung stecken und mündeten fast immer in der Selbstanalyse der außerparlamentarischen Opposition der letzten zwanzig Jahre. In der abschließenden Plenumsdiskussion „Wege aus dem Höllenschlund demokratische Zielvorstellungen“ wurde aber deutlich, daß ein großer Teil der Initiativenvertreter konkretere Ergebnisse für zukünftige Strategien in der Antirepressionsarbeit erwartet hatte.

Einstimmig beschlossen wurde zum Schluß der Konferenz das Manifest 1988 der bundesdeutschen BürgerInnen -Rechtsbewegung, in dem die Aufhebung der „Antiterror -Gesetze“ der 70er Jahre, die Zurückweisung der neuen Sicherheitsgesetze, die Einführung eines Prinzips der Informationsfreiheit aller Bürger gegenüber Staat und Verwaltung (Freedom of Information Act), umfassender Datenschutz, die Abschaffung des Verfassungsschutzes sowie die Einführung von Volksbegehren und Volksentscheiden gefordert wird. Aufgerufen wird zu einer bundesweiten Unterschriftensammlung gegen die Sicherheitsgesetze sowie zu einer Blockadedemonstration vor dem Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln am 23.5.1989 anläßlich des 40.Jahrestags des Grundgesetzes.

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