Verbandsjugend bleibt schwulenfrei

Heidelberg (taz) - Der Herr vom Gebirgstrachtenverein wußte es schon vor der Sitzung ganz genau: „Hier geht eine Gefahr für die Jugend aus, eine sexuelle Gefahr“. Im Heidelberger Verbandsjugendhaus waren 55 VertreterInnen von Heidelberger Jugendverbänden zusammengekommen, um über den Aufnahmeantrag einer Gruppe von über 30 schwulen Jugendlichen zu beraten, die sich seit vier Jahren zusammengeschlossen haben, um gemeinsam Probleme zu besprechen und Freizeit zu gestalten. Nun wollten sie in den Genuß der bescheidenen Vergünstigungen kommen, die eine Mitgliedschaft im Jugendring mit sich bringt. Schon vor der Sitzung hatte der Vorsitzende des Verbandes Auszüge aus einem psychiatrischen Werk verschickt, in dem Homosexualität als Krankheit und Homosexuelle als narzißtisch, aggressiv und sexuell bindungslos abgestempelt werden.

Das blieb nicht ohne Wirkung. Vergeblich plädierten VertreterInnen von Kirchen, DGB und Pfadfindern für mehr Toleranz - der Antrag wurde abgelehnt. Erste Konsequenz: Die Jüdische Gemeindejugend überlegt sich, ob sie „aus Solidarität mit einer verfolgten Minderheit“ aus dem Stadtjugendring austritt. Ob weitere Verbände diesem Schritt folgen werden, ist derzeit noch nicht klar.

Wolfgang Luck