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KOMMENTARWilhelm, der Lügner

■ Wilhem A.Kewenig: Ein Mann wie sein Dienst

Bisher hat der Sessel von Berlins Innensenator Wilhelm A.Kewenig nur gewackelt. Nach den heutigen Enthüllungen aber dürfte der Tabellenführer in der Skandalliga der Stadt kaum noch zu halten sein. „Am Tatort muß die Pressefreiheit schon einmal zurückstehen“, so der promovierte Verfassungsrechtler zu den Polizeiprügeln für Journalisten. „Nie ist jemand vom Verfassungsschutz auf Pätzold angesetzt“ worden, so versuchte Wilhelm A.Kewenig in der Verfassungsschutz-Affäre seinen Kopf zu retten. Der Herr Senator ist der Lüge überführt. Sollte er sich etwa darauf rausreden wollen, er habe nichts gewußt, dann ist das weder glaubwürdig noch entbindet es ihn von seiner politischen Verantwortung.

Daß der Verfassungsschutz (VS) „auftragsgemäß“ Linke, Journalisten und Verfassungsfeinde – die er selber definiert – ausspioniert, überrascht längst nicht mehr. Daß er aber versucht, über einen V-Mann an Informationen zu kommen, was denn das Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission Pätzold über die Sauereien des Amtes wissen könnte, hat eine neue Qualität. Die, die kontrolliert werden sollten, kontrollieren in Wahrheit die Kontrolleure.

Für die CDU ist die Enthüllung des V-Manns so kurz vor der Wahl in Berlin ein höllisches Debakel. Dem Wahlkampf dürfte nun endgültig der Stempel des Verfassungsschutzes und seiner nicht endenden Skandalchronik aufdrückt worden sein. Kurz vor der Wahl werden die Christdemokraten auch mit Forderungen nach personellen Konsequenzen konfrontiert. Vom Leiter der Abteilung „Auswertung“ beim VS, Bakker, vom VS –Chef Wagner über den verantwortlichen Staatssekretär Müllenbrock bis zum Verfassungssenator Wilhelm A.Kewenig wird jeder der gutbezahlten Posten zum Schleudersitz in den Vorruhestand werden.

Aber die neuerliche Sumpfblüte des Berliner Verfassungsschutzes wird auch unter dem Amtssitz des Regierenden Bürgermeisters Wurzeln schlagen. Diepgen trägt die letzte Verantwortung für die Arbeit – wenn so ein Wort für diese Behörde überhaupt noch Sinn macht – des Geheimdienstes. Seine politische Verantwortung ist nach der Berliner Verfassung an den unsäglichen Innensenator Wilhelm A.Kewenig lediglich delegiert.

Wenn führende Berliner CDU-Mitglieder jetzt behaupten, mit dem eben eingerichteten Parlamentarischen Untersuchungsausschuß sollen die Skandale schnellstmöglich und noch vor der Wahl am 29.Januar aus der Welt geschafft werden, dann ist das pure Heuchelei. Ganze drei Sitzungen sind bis zum Jahreswechsel anberaumt worden, und über den weiteren Fortgang soll dann in der ersten Januarwoche entschieden werden. Die Strategie des Berliner CDU-Senats, der auf Zeit spielen wollte, ist jedenfalls geplatzt. Dabei sind die Sauereien der Berliner Spitzelbande noch nicht einmal auf den Untersuchungstisch gekommen.

Wolfgang Gast

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