Ohne Öffentlichkeit und abhörsicher

■ Erste Sitzung des Untersuchungsausschusses zur Aufklärung des Berliner Verfassungsschutzskandals

Berlin (taz) - Unter Ausschluß der Öffentlichkeit tagte gestern zum erstenmal der Untersuchungsausschuß, der die „Fehlentwicklungen beim Berliner Landesamt für Verfassungsschutz“ aufhellen soll. Bei der anschließenden Pressekonferenz klärte der Ausschußvorsitzende Finkelburg die zuvor ausgesperrten Journalisten endlich auf: Die Beratungen müßten hinter verschlossenen Türen stattfinden, weil es im Untersuchungsausschußgesetz so geregelt sei; zur Beweisaufnahme sei die Presse wieder zugelassen. Zeugen aus dem Amt sollen, wie die Akten, die einen Stempel „VS“ oder „geheim“ tragen, der Öffentlichkeit weiter vorenthalten bleiben, gab Finkelburg bekannt.

Da aus dem Verfassungsschutz aber bekanntlich nur „Geheimes“ kommt, ist schon jetzt abzusehen, daß über die Sauereien des Amtes nicht allzuviel nach außen dringen wird. Die aktengebende Behörde, der Verfassungsschutz also, entscheidet selbst, ob Akten als geheim gelten oder nicht. „Wenn sie das so interpretieren, trifft das zu, aber ich werde darauf achten und intervenieren, wenn ich einen solchen Mißbrauch feststellen würde“, erklärte Finkelburg der taz.

Noch am Vorabend wurde der Sitzungsraum aufwendig nach Minispionen abgecheckt. „Keiner außer den sieben Ausschußmitgliedern darf diesen Raum betreten“, hieß es. Wenn der Raum nicht abhörsicher sei, könne sich der Verfassungsschutz weigern, überhaupt aufzutreten, erklärte Finkelburg.

Behandelt wurde gestern weder der Fall des „Steinewerfers“ und VS-Informanten Steffen Telschow noch die Journalisten -Bespitzelungen durch das Landesamt. Der Untersuchungsausschuß hat sich gestern nur mit der Organisation und den Verfahrensweisen des Verfassungsschutzes befaßt. Einziger Zeuge: der Leiter der Behörde, Herr Wagner. Dessen Ausführungen waren selbstredend auch geheim.

Die Bespitzelung des SPD-Abgeordneten Pätzold durch den V -Mann Steffen Telschow wird im Untersuchungsausschuß jetzt vorrangig behandelt. Am 20.Dezember soll die öffentliche Vernehmung des V-Mannes beginnen.

Till Meyer