piwik no script img

Rad im Wahlkampf

■ Ein Gespeicherter, der immer friedlich war

Jürgen Janssen ist Dorfschullehrer in Rodenkirchen / Unterweser. Bis 1981 Mitglied der SPD. Jetzt sitzt er für die Grünen im Gemeinderat. Als er in den Kripo-Akten landete, hatte er sich für Frieden eigesetzt: nicht nur gegenüber der Nato, auch in der Bewegung. Er hatte immer vor militanten Aktionen gewarnt.

taz: Eigentlich haben wir es ja alle gewußt, daß aktive Leute bespitzelt werden. Warum regst du dich auf?

Jürgen Janssen: Das ist ein Unterschied, ob man darüber flachst, daß der Verfassungsschutz mithört, oder ob man das dann plötzlich schwarz auf weiß erfährt.

Befürchtest du berufliche Nachteile?

Ich habe nicht vor, mich um einen Schulleiterposten zu bewerben. Um meinen Beruf als Lehrer habe ich keine Angst.

Du warst SPD-Mitglied bis zum Nachrüstungsbeschluß. Fühlst du dich jetzt bei der Auseinandersetzung um die Observierung der Friedensbewegung als ein Rädchen im Landtagswahlkampf der SPD, der ja schon begonnen hat?

So könnte man das sehen. Aber es gibt in dieser Frage zwischen dem SPD-Landtagsabgeordneten Udo Zempel, der die Bespitzelung aufgegriffen hat, und mir schon eine längere Zusammenarbeit. Wir sind Nachbarn und sitzen zusammen im Gemeinderat von Stadtland. Mir geht es darum, diese Sache aufzuklären und die Öffentlichkeit zu informieren. Wenn das im Augenblick auch das Interesse der SPD ist, läßt sich nichts dagegen sagen.

Es gab damals in der regionalen Friedensbewegung ja verschiedene Strömungen.

Ja. Es ging ja um die Blockade des Mitgard-Hafens in Nordenham. Die örtlichen Friedensinitiativen waren eher reserviert. Die Autonomen und die Umweltgruppen waren energischer. Insgesamt war es eine friedliche Aktion.

Hast du dich besonders dafür stark gemacht, daß es auch friedlich blieb?

Ja.

Wenn du nun schon gespeichert worden bist, wie mag es erst militanteren Leuten gegangen sein?

Es scheint ziemlich wenige informierte Beamte gegeben zu haben. Sie haben einfach nur nach dem Zufallsprinzip einzelne Postadressen aus dem „Friedensrundbrief Nr. 7“ herausgegriffen.

Warum ist nun gerade dein Name jetzt in die Öffentlichkeit gekommen? Sicher sind ja die Autonomen auch in den Dateien festgehalten. Kann es sein, daß ihr euch für den Wahlkampf der SPD besser eignet, als wenn die Bespitzelung von Autonomen aufgedeckt worden wäre?

Das könnte man unterstellten.

Fragen: mw

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen