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Becker denkt ans nächste Jahrtausend

Davis Cup-Finale Schweden-BRD (1:4): Unwürdiges Ende und Verletzungs„virus“  ■  Aus Göteborg Matti Lieske

Ein solch lächerliches Ende wie das Finale zwischen Schweden und der Bundesrepublik hat wohl noch keine Davis-Cup -Begegnung erlebt. Anstelle des Top-Matches Wilander-Becker durften die Zuschauer im Göteborger Scandinavium einen Schaukampf zwischen Mikael Pernfors (19. der Weltrangliste) und Patrick Kühnen (68.) erleben, der 3:6, 1:6 ausging, aber nicht für die Davis-Cup-Wertung zählte. Den Punkt erhielten

-kampflos - die Deutschen, weil weder Wilander noch ein Ersatzspieler zum zweiten Match gegen Becker-Ersatzmann Kühnen angetreten war.

Offenbar schlug ein mysteriöer Virus alle schwedischen Spieler mit Verletzungen und raubte ihnen jede Spielfähigkeit. Lediglich der Abstinenzler des Schweden -Teams, Stefan Edberg, scheint als knochenharter Bursche dagegen gefeit zu sein. Er durfte mit einem überlegen und zeitweise hervorragend geführten Match den Ehrenpunkt der Schweden gegen Carl-Uwe Steeb holen, der über viele solide, aber keine brillanten Schläge verfügt - sieht man mal vom gewischten Rückhandslice ab. Immerhin gelang Steeb eine schöne Demonstration, wie viele Arten es gibt, einen Matchball abzuwehren. Den ersten vereitelte er durch Doppelfehler (von Edberg), den zweiten mit einem Return auf die Grundlinie, den dritten mit einem genauen Passierschlag, den vierten mit einem bildhübsch-überrissenen Vorhandcross, den fünften mit Glück, und der sechste saß dann. 6:4, 8:6 für Edberg.

Die germanischen Fans sorgten auch am Schlußtag durch ihren exponierten Nationalismus mit dafür, daß die Sympathie des schwedischen Publikums für die frischgebackenen Davis-Cup -Gewinner eher begrenz war.

Allerdings erreichten auch die einheimischen Zuschauer kaum Davis-Cup-Niveau. Die meisten der mit Freikarten ausgestatteten Ehrengäste zogen es vor, am Schlußtag gar nicht erst zu erscheinen oder begaben sich gleich in die VIP -Lounge. Unbeeindruckt von der öffentlichen Diskussion in Schweden über das Ehrengastunwesen beim Tennis, ließen sie ihre Plätze, nach denen sich mancher Fan die Finger geleckt hätte, umstandslos verwaisen.

Hoch anzurechnen ist den Göteborger Zuschauern dagegen, daß sie entschlossen der Versuchung widerstanden, das „Deutschland, Deutschland„-Geheul der aushäusigen BRD -Anhänger mit gleicher Münze heimzuzahlen. Sie blieben konsequent dabei, ihre Vertreter mit deren Namen anzufeuern.

Das definitive Schlußwort der ganzen Veranstaltung blieb einmal mehr Boris Becker vorbehalten. Staatsmännisch, wie er sich zur Zeit gerne gibt, ließ er folgenden großen Satz verlauten: „Was dieser Sieg für Deutschland bedeutet, wird man wohl erst in zehn, fünfzehn Jahren beurteilen können.“ Da sind wir aber mal gespannt.

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