: Radler-Falle am Domshof
■ Kein Schadensersatz für gestürzten Fahrradfahrer / Landgericht moniert überhöhte Geschwindigkeit von 20-25 km/h / Leider keine Radarfalle am Domshof
Gäbe es mitten auf dem Domshof eine Radarfalle, dann wäre Hellmuth M. garantiert hineingeraten und womöglich sogar rechtzeitig gewarnt worden. Doch weil es in der Fußgänger -und Radler-Zone auf dem Bremer „Kapitalmarkt“ kein Radar gibt, raste Hellmuth M. im grauen Herbst des vergangenen Jahres mit einer Geschwindigkeit von „20 bis 25 km/h“ in eine graue Metallkette, die quer über das graue Pflaster gespannt war.
Selber schuld, entschied jetzt das Bremer Landgericht, denn „diese Geschwindigkeit war in besonders grobem Maße den Erfordernissen nicht angepaßt. Der Kläger hat mithin den Unfall ganz
überwiegend durch eigenes regelwidriges Verhalten verursacht.“ Also beschied Richter Wittkowski und wies jeden Schadensersatzanspruch ab.
3.096 Mark hatte Hellmuth M. für den Sturz über die ungesicherte Kette von der Stadt gefordert. Immerhin hatte ihm der Unfall laut ärztlichem Attest nicht nur eine Platzwunde oberhalb der Augenbraue, Hautabschürfungen an Kopf und Händen und mehrere Prellungen eingebracht, sondern auch an seinem Rennrad einen Totalschaden angerichtet.
Zwei Zeugen des Sturzes waren noch ein paar Minuten neben dem Blutfleck stehen geblieben, den Hellmuth M. auf dem Plaster des Domshofs hinterlassen hatte. Im letzten Moment konnten sie zwei weitere Radfahrer und ein Fußgänger-Paar vor der tückischen Kette warnen. Schon einen Monat zuvor hatte sich die Polizei um einen anderen Radler bemühen müssen, den es am gleichen Ort noch schlimmer erwischt hatte. Beim Sturz über die graue Kette hatte er sich einen Wadenbeinbruch zugezogen und mußte zwei Wochen im Krankenhaus bleiben. Doch die Kette blieb hängen. Erst eine halbe Stunde nach Hellmut M.s Unfall griff Polizeimeister Famulla zum Bolzenschneider und entfernte die Radler-Falle.
Die Kette, so hatten später behördeninterne Recherchen ergeben, war nach dem langwierigen Umbau des Domshofs einfach vergessen worden. Von einst mehreren rot-weißen Fähnchen, die vor dem Hindernis warnen sollten, war Ende vergangenen Jahres nur noch ein einziges ergrautes Exemplar übrig. „Die Beklagte (Senator für Stadtentwicklung) hat ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht umfassend genügt“ stellte denn auch Landrichter Wittkowski fest.
Doch Entschädigung steht dem
verunglückten Radler dennoch nicht zu, „denn der Unfall beruht ganz überwiegend auf einer durch den Kläger selbst gesetzten Ursache“. Was das war? Die unver
schämt hohe Radelgeschwin digkeit von über 20-25 km/h. Ach gäbe es doch auf dem Domshof eine Radarfalle...
Ase
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