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Der brave Paulus: Rundfunk für alle

(Rundfunk für alle, 21.12., 20 Uhr, HR 3) Da saßen sie nun alle zur besten Sendezeit im Hessischen Dritten, der Intendant, die Leitenden Redakteure und Direktoren, und machten wichtige Gesichter - nur Lia Wöhr nicht, die machte ein Gesischt. Was auch zu kriegen war, als die RedakteurInnen Siehl und Günzler die von den Zuschauern per Telefon und Zettelchen gestellten Fragen handverlesen wurden. Jedes Medium hat das Publikum, daß es verdient: dieses wollte vor allen Dingen mehr haben, mehr Country, mehr Volksmusik, mehr Mundart (siehe Lia Wöhr), mehr Sience Fiction, mehr Fußball, mehr Eishockey, mehr Tennis usw. usf.

Gänzlich verzweifeln muß doch ein Intendant, wenn er sich bewußt wird, daß ein Hörer ernsthaft fragt, warum es denn in den „Tatort„-Krimis jedesmal wieder einen anderen Kommissar gebe? Warum wohl? Aber das wollte eigentlich niemand wissen, denn der Krimi, um den es eigentlich ging, spielt im Funkhaus am Frankfurter Dornbusch und heißt „Hauen und Stechen mit dem Rundfunkrat“. Deshalb, und nur deshalb, habe ich mir die anderthalbstündige dröge Runde, die sich vorwiegend selbst lobte und zu allem und jedem dummen Vorschlag sagte „Das machen wir doch schon“, angehört und -gesehen. Geht doch die Kunde, Intendant Hartwig Kelm, vormals Präsident der Frankfurter Universität und von der CDU ins Amt befördert, habe sich vom Saulus zum Paulus gewandelt. Das heißt, er versehe seine neue Arbeit immerhin ordentlich und wehre sich gegen den Parteieneinfluß, den der Rundfunkrat zum Wohle der Privaten massiv nehme. Soll das so sein? Soll wirklich etwas dran sein an den nachgerade schwärmerischen Ovationen, in die vorher ganz vernünftige Menschen derzeit im Funkhaus ausbrechen, wenn die Rede auf „ihren“ Intendanten kommt? Wird er sich wirklich in diesen 90 Minuten mit jenen Politikern im hessischen Lantag anlegen, die ihm zur Zeit per Gesetzesänderung die Kompetenzen beschneiden und den Geldhahn zudrehen wollen?

Kurz: er wollte kaum, oder doch nur sehr verhalten. Er mahnte und warnte und barmte und härmte im Chor mit seinen Kollegen an die Adresse in Wiesbaden: „Kritik muß man erst fürchten, wenn man schlechte Politik macht.“ Das Selbstlob der Programm-Menschen klebte ihre Ratlosigkeit zäh zusammen. Eine Frage gab es noch: War der „Herr Fischer aus Frankfurt“, der unbedingt mehr „Herrchen gesucht“ sehen wollte, der Ex-Umweltminister?

Heide Platen

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