: Aus dem Tollhaus des Rupert Scholz
Verteidigungsministerium bestätigt Mitschnitt eines Telefongesprächs von Scholz im Würzbach-Büro ■ Von Petra Bornhöft
Berlin (taz) - Oberst Dunkel, Sprachrohr von Verteidigungsminister Rupert Scholz (CDU), machte gestern seinem Namen alle Ehre. Statt Licht in die neue Affäre des „Tollhauses“ Hardthöhe (Scholz) zu bringen, hüllte er sich vor der Presse in Schweigen.
Allerdings bestätigte Dunkel einen Mitschnitts von einem Telefongespräch zwischen Scholz und dem Büro des Ex -Staatssekretärs Würzbach. Der Minister hatte darin verlangt, Würzbach solle den verkündeten „Irrsinn“ eines Tiefflugverbots bis zum 2.Januar zurücknehmen. Würzbach ignorierte die Anweisung seines Chefs und verlegte sich statt dessen aufs Intrigieren. Breit streute er die Kassette. Gestern brachten zwei Presseorgane Einzelheiten des mitgeschnittenen Gesprächs. In einer US-Air-Force -Maschine dösend, erfuhr Scholz am 8.Dezember telefonisch vom Unglück in Remscheid. Telefonisch erteilte der Minister, so der 'Spiegel‘, seinem Staatssekretär die „verbindliche Weisung“, kein Tiefflugverbot zu verhängen. Das höchste der Gefühle des Herrn Scholz: Flugpause über Remscheid und Umgebung. Doch Würzbach ignorierte die Weisung und verkündete im ZDF das Moratorium für die Republik.
Daraufhin rief Scholz Würzbachs Sekretärin an und brüllte aufs laufende Tonband: „Hier Scholz, bitte Herrn Würzbach. Wenn der im ARD-Studio ist, rufen Sie ihn sofort an und bremsen Sie ihn, daß er nicht wieder dummes Zeug redet. Daß er Irrsinn verkündet wie im ZDF. Er soll das richtig stellen. Er hat ein Politikum hier offenkundig angerichtet, das eine Katastrophe werden kann. Rufen Sie ihn sofort an, ich möchte einen Rückruf von ihm haben im Flugzeug.“ Das tat die Sekretärin, aber Würzbach, beglückt über seine Show, reagierte nicht. Zurück in Bonn machte Scholz seinen disziplinlosen Staatssekretär wehrgerecht „zur Sau“ und trat den Major a.D. weg. Nach seinem Abgang soll Würzbach in der vergangenen Woche führend an der Organisation einer CDU/CSU -Palastrevolte gegen Scholz und Kohl beteiligt gewesen sein. Mit von der Partie laut 'dpa‘ „zwei bestimmte hochrangige Politiker aus der CDU/CSU-Fraktion und dem Kanzleramt“.
Würzbach scheint nun, verwickelt in eine Straftat, auch von seinem alten Freund Gerhard Stoltenberg verlassen. Dabei war der Finanzminister offenbar drauf und dran, Würzbach als seinen Nachfolger im Amt des schleswig-holsteinischen Landesvorsitzenden zu tolerieren. Über diese Funktion redet sich die Nord-CDU derzeit die Köpfe heiß. Der ultra -konservative Mehrheitsflügel ist sich noch nicht einig, ob der Landesvorstand am 21.Januar die Kandidatur des Affären -Majors - Überführung eines Privat-PKW mit der Bundesluftwaffe, Hausbau-Hilfe von Soldaten, aus Steuergeldern bezahlte Abendpartnerin - empfehlen soll. Umgekehrt bearbeitet die kleine Schar der Liberalen ihren Favoriten. Der will noch nicht. „Vielleicht ist es besser, wenn wir Würzbach unterstützen“, so ein CDU-Politiker von der Förde, „dann ist der rechte Flügel wenigstens in zwei Jahren vollständig abgewirtschaftet und nicht wir kassieren die Niederlage bei den nächsten Kommunalwahlen.“
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