Die Knallkörper zündeten - der Wahlkampf nicht

■ Silvester auf der Straße: Knaller entfachten Brände / Silvester in den Parteizentralen: Debatten um Plakate, nicht um Themen

Der bemerkenswerteste Satz zum Jahreswechsel kam vom FDP -Landesvorsitzenden Walter Rasch. „Die Tatsache“, meinte Rasch in einer Grußbotschaft, „daß wie selten zuvor in einem Wahlkampf markante Themen fehlen, also zwischen Opposition und Regierung kaum um Inhalte gestritten wird, zeigt doch, daß die Politik der Koalition aus CDU und FDP so schlecht nicht gewesen sein kann.“ Da war sicher ein silvester -typischer Wunsch der Vater des Gedankens. Ein Erfolg kann es kaum sein, daß es egal ist, wer den Senat nach dem 29. Januar besetzt. Auf jeden Fall ist es den WählerInnen egal, welche Partei ihre Versprechen nicht einhält. Eine geringe Wahlbeteiligung am 29. Januar prognostizierte vergangene Woche eine Umfrage des 'Stern‘.

Die CDU - schlau, schlau - hat versucht, Silvester selbst (frohes, neues...“) zum Wahlkampfthema zu machen. Aber auch da hat das Wünschen nicht geholfen, jedenfalls der Schulsenatorin Hanna-Renate Laurien nicht. Sie hatte die SchülerInnen der Stadt am Donnerstag dazu aufgerufen, „beim Umgang mit Feuerwerkskörpern äußerste Vorsicht und Umsicht walten zu lassen“. Bilanz: 14 Brände, 26 Verletzte.

Schon merkwürdig, daß die Berliner sich gegenseitig Knaller um die Ohren jagen, während die Parteien (und allen voran die CDU!) zuallererst den „Frieden sicherer machen“ wollen. Mit diesen Worten forderte der CDU-Fraktionschef Buwitt am Freitag nicht etwa leiseres Feuerwerk, sondern mehr „Kooperation“ zwischen Ost und West.

Der Mangel an Themen ist so groß, daß die Parteien sich gegenseitig in die Taschen fassen. Während Buwitt für mehr Entspannungspolitik trompetet, verkauft SPD-Chef Momper seine Partei als den Garanten von „Freiheit und Liberalität“. Schon am Donnerstag hatte die SPD der CDU vorgeworfen, sie habe den Anschluß an „die Weizsäcker-Linie“ verloren. FDP-Chef Rasch, solcherart zwischen Momper und Weizsäcker zerrieben, versprach folgerichtig keine Inhalte, sondern eine „starke FDP“ als Eigenwert, zugunsten einer „ausgewogenen, stabilen Senatspolitik“.

Erbittert gestritten haben die Parteien über etwas ganz anderes: über ihre Plakate. „Die CDU wird allein sechsmal soviel Plakatwände und Werbetürme aufstellen wie die SPD“, jammerte deren Sprecher Kohlhoff am Donnerstag. Es seien nur doppelt soviele, konterte am selben Tag der beleidigte CDU -Landesgeschäftsführer Wienhold. „Zusätzlich“, lamentierte Wienhold weiter, „hat die SPD die Stadt auch noch mit einer Flut von an den Bäumen lehnenden Stelltafeln überschwemmt.“ Welche Bäume bleiben denn da noch für Dackel „Waldi“ übrig, mit dem Eberhard Diepgen den Straßenwahlkampf bestreiten will? Was Diepgen mit dem Hundekot machen will, wissen wir nicht. Unser Vorschlag: Diepgen könnte AL-Plakate beschmieren. Den Alternativen hat die CDU nämlich vorgeworfen, AL-Anhänger hätten CDU-Plakate beschädigt. AL -Sprecher Noe deutete daraufhin an, die CDU selbst verunstalte die eigenen Plakate mit AL-Aufklebern, um besser lamentieren zu können. Verschwimmt der Blick? Am Alkohol liegt es nicht. Die rosa Elefanten sitzen leibhaftig im Parlament.

hmt