Lieber grün als farblos

■ Die Kreuzberger CDU stellte ihr kommunalpolitisches Programm vor / Abschaffung des Wohnberechtigungsscheins für SO 36

Ihr Wahlprogramm stellte die CDU Kreuzberg gestern vor. In dem Berliner Bezirk mit dem alternativen Flair und der jüngsten Einwohnerschaft geben sich die Konservativen einen deutlich linken Touch, wohl unter dem Motto „lieber grün als farblos“, wie Kreuzbergs Bürgermeister Krüger (CDU) witzelte. Sei es die ökologische Stadterneuerung, der Vorrang des öffentliochen Nahverkehrs vor dem Individualverkehr und Ausbau des Radwegenetzes, mehr Personal und Geld für Schulen, Jugendfreizeitheime, Drogenberatung und KiTa-Plätze, preisgünstige Ateliers und Läden für Künstler, Müllvermeidung und Hofbegrünung oder Chancengleichheit und Förderung von Existenzgründungen durch Frauen, die CDU zeigt sich im Gewand des Reformkurses, auch personell: Die jetzigen Kreuzberger Abgeordneten Kliem und Krüger waren gar nicht erst anwesend.

Ihren Schwerpunkt setzte die CDU-Kreuzberg auf die Bau- und Wohnungspolitik: Man sehe das Problem, daß Wohnungen fehlten, trotzdem dürfe der Bezirk nicht unbegrenzt verdichtet werden. SO36 müsse aufgewertet werden durch den Zuzug aus der Mittelschicht, das solle erleichtert werden durch die Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe für ganz SO36 und die Aufhebung der Wohnungsbindung an einen Wohnberechtigungsschein. Unbegrenzten Zuzug will die CDU hingegen nicht: „Man muß auch den Mut haben zu sagen, 145.000 Kreuzberger, das sind genug“, meinte Krüger. Soziale Zustände wie vor dem Krieg, als hier 300.000 Menschen lebten, wolle niemand. Zur Begrenzung der Mietsteigerung, gerade in Kreuzberg mit seiner hohen Fluktuation ein Problem, hielt sich die CDU bedeckt. Der CDU-Abgeordnete Pöppelmeier meinte, ein Landesmietengesetz fände zumindest derzeit im Abgeordnetenhaus keine Mehrheit.

Auch zu ihrer Personalpolitik mochte sich die Kreuzberger CDU nicht konkret äußern. Otto Pöppelmeier, unter der Hand als Nachfolger für den ausscheidenden Baustadtrat Orlowsky (AL) gehandelt, erklärte, man wolle nicht ausschließen, daß man auch andere Ämter als bisher besetzen könne, während Krüger die Ansicht vertrat, Politik werde vom gesamten Bezirksamt gemacht, Personen seien da nicht wichtig. Die CDU stellt in Kreuzberg zur Zeit neben dem Bürgermeister die Stadträte für Schule und Wirtschaft.

Ausländer, die 28 Prozent der Kreuzberger Bevölkerung ausmachen, werden im Wahlprogramm nicht als eigener Punkt erwähnt. Die „hier geborenen Kreuzberger Mitbürger“, wie die Ausländerbeauftragte John, ebenfalls Mitglied der Kreuzberger CDU, es formulierte, hätten die gleichen Probleme wie Deutsche. Die CDU-Kreuzberg sprach sich wie seit je her gegen ein kommunales Wahlrecht für Ausländer aus, stattdessen solle die Einbürgerung erleichtert werden.

Die CDU stellt derzeit mit gut 40 Prozent in der Bezirksverordnetenversammlung nicht die Mehrheit. Da sich in der Bezirkspolitik die Fraktionen wie die Stadträte ihre Mehrheiten punktuell sichern müssen, stellt sich bei diesem Programm weiter die Frage nach der Durchsetzbarkeit gegenüber den anderen Parteien als die gegenüber dem Senat.

Freilich macht die CDU auch Unterschiede, nicht nur beim Ausländerwahlrecht, auch die Quotierung des Öffentlichen Dienstes für Frauen mochte sie nicht auf ihre Fahnen schreiben.

Eva Schweitzer