: Zwielichtiger Baumschutz
■ Bäume, die „verschatten“, müssen weichen
„Das ist alles ganz legal gelaufen“, sagt Walter Würffel, Geschäftsinhaber und Hausbesitzer. Wieder einmal ist ein Berliner Baum gefällt worden, der eigentlich unter Schutz stand. Das Gartenbauamt Tiergarten erteilte eine Ausnahmegenehmigung. Berlin hat eine etwa 35jährige, kerngesunde, wunderschöne große Kastanie weniger, die niemanden störte.
Niemanden? Offensichtlich störte sie den neuen Hausbesitzer. „Warum? Gucken Sie sich mal die Schatten an!“ Schatten? „Na, wie dunkel der Hof im Sommer ist.“ Komisch: Die Mieter des Hauses Krefelder Straße 17 schienen den Schatten ganz angenehmn zu finden. In einer Unterschriftenaktion sprachen sich 15 Mietparteien für den Baum aus, davon drei im Parterre, nur zwei waren gegen den Baum. Aber es ist sowieso schon alles zu spät, denn die Mieter wurden weder gefragt noch informiert und haben alles zu spät erfahren.
Nun läßt aber Besitzer Würffel auch Modernisierungsarbeiten vornehmen - bekanntlich lohnt sich das finanziell. Ob ihn der Baum wohl eher hier störte? Würffel will in Ruhe gelassen werden. Plötzlich hat er „keine Zeit“ mehr. „Schreiben Sie doch, was sie wollen!“ Peng, liegt der Hörer auf. Tatsächlich heißt es aus dem Gartenbauamt, eine „Verschattung des Hofes hätte als Argument alleine schon ausgereicht, um eine Ausnahmegenehmigung zur Fällung des Baumes zu erteilen, das würde auch häufig (!) gemacht.
Die Mieter jedenfalls sind traurig. Dr.-Ing. Ulrich P., Mieter des Hauses, schrieb in einem Brief an die taz: „Der Baum hat in den vergangenen Jahren viel zur Verbesserung der Luftqualität im Hof beigetragen; er diente der Luftfilterung und -befeuchtung und lockte auch viele Singvögel an. Man fragt sich, wozu eigentlich die entsprechenden Schutzgesetze existieren, wenn sie mit dem Argument der 'Vertschattung‘ so einfach umgangen werden können. Die gesamte Gesetzgebung in diesem Punkt erscheint dadurch sinnlos, da ein Baum nun einmal gar nicht anders kann, als in der Vegetationsperiode zu verschatten.“
taz
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