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Die Supermänner in Shorts

■ Die diesjährige Basketball-Profiliga in den USA steht im Zeichen des Abschieds von Kareem Abdul Jabbar, der Treffsicherheit von Michael Jordan und der Krise des Meisters „Los Angeles Lakers“

Berlin (taz) - Die Konkurrenz der „Los Angeles Lakers“ in der NBA, der Profi-Basketballiga der USA, ist begeistert. „Endlich lernen die Lakers mal kennen, wie die übrigen leben“, freute sich Eddie Johnson von den „Phoenix Suns“, die dem Meister der letzten beiden Jahre gerade seine vierte Niederlage in Folge beigebracht hatten. „Für uns ist es völlig normal, fünfmal hintereinander zu verlieren.“

Für die Lakers ganz und gar nicht. In sieben Auswärtsspielen hintereinander sind sie geschlagen vom Platz gegangen und im letzten Monat haben auswärts lediglich 46,6 Prozent ihrer Würfe den Weg in Gegners Körbchen gefunden. So schlecht hat das Team zum letztenmal 1979 gespielt, kurz bevor sich der begnadete Basketballvirtuose Magic Johnson den Lakers anschloß. Schuld an der Krise der Mannschaft, die nichtsdestotrotz in der „Pacific Division“, einer der vier Divisionen der NBA, knapp an der Spitze liegt, sind in erster Linie, wie sollte es anders sein, die Russen. Ein Gastspiel des Moskauer Staatszirkus im Forum von Los Angeles hatte nämlich zur Folge, daß die Mannschaft 19 ihrer ersten 27 Partien auswärts bestreiten mußte. Das habe, so wird bei den Lakers geltend gemacht, zu einer gewissen Verunsicherung geführt. Gastmannschaften gewinnen im Schnitt nämlich nur 32,5 Prozent aller Spiele.

Aber auch die alten Leistungsträger sind nicht ganz auf der Höhe ihres Könnens. Magic zeigt Nerven und wurde kürzlich erst zum zweitenmal in seiner Karriere - vom Platz gestellt, und Kareem Abdul Jabbar, mittlerweile 42, bekommt immer weniger Gelegenheit, seinen gefürchteten „Himmelshaken“ vorzuführen, der den Ball mit langem, eleganten Armschwung sanft in den Korb gleiten läßt. Der 2,18 Meter große Abdul Jabbar, der vor zwanzig Jahren als Lew Alcindor mit Pauken und Trompeten die Profibasketballszene betrat, absolviert derzeit seine Abschiedssaison. Er wird nur noch sporadisch eingesetzt, und die Mitstreiter haben sich offenbar schon an das Spiel ohne ihn gewöhnt. Wenn er auf dem Feld ist, bekommt er selten den Ball. „Das gefällt mir nicht immer“, beschwert sich Kareem, „aber es ist kein Grund zur Polemik.“

Standing Ovations

Ohnehin hat der einstmals verhaßte schwarze Basketballer, der auf dem Feld eine furchterregende Brille trägt, genug zu tun. Bei jedem Auswärtsspiel findet eine Zeremonie zu seinen Ehren statt, und der Mann, der früher wegen seines Übertritts zum Islam, wegen seiner Black-Power-Sympathien und seiner Weigerung, bei den Olympischen Spielen 1968 für die USA zu spielen, in fremden Gefilden stets frenetisch ausgepfiffen wurde, heimst nun minutenlange stehende Ovationen ein.

Mehr als 1.500 Spiele hat Kareem Abdul Jabbar in der NBA bestritten, fast 38.000 Punkte erzielt, eine Zahl, die in vielen anderen Teams von allen Spielern zusammen nicht erreicht wird. Sechsmal gewann er den Meistertitel, davon fünfmal mit den Lakers. „Er war ein Gigant“, wie es Mannschaftskamerad Magic Johnson ausdrückt.

Doch auch Kareem und sein noch immer spektakulärer „Sky Hook“ konnten die schlechten Zeiten der Lakers nicht verhindern. Die Ära der alten Garde der Superstars wie Kareem Abdul Jabbar, Magic Johnson, Larry Bird und Dr. J, der nach der vergangenen Spielzeit abtrat, scheint sich ohnehin langsam ihrem Ende zuzuneigen. Die Nachfolger stehen schon bereit. Da ist Pat Ewing, der bisher das Pech hatte, bei den inferioren „New York Knickerbockers“ zu spielen, die sich aber inzwischen langsam rappeln, und da ist vor allem der 25jährige Michael Jordan, der Korbjäger mit der heraushängenden Zunge, die beherrschende Figur dieser und auch der letzten Saison. Da avancierte er zum „Wertvollsten Spieler des Jahres“, zum „Abwehrspieler des Jahres“ und zum treffsichersten Schützen der NBA.

Ein fettarmer Superman

Kürzlich unterschrieb Jordan einen 25-Millionen-Dollar -Vertrag, mit dem sich die „Chicago Bulls“ für acht Jahre seine Dienste sicherten. Eine Klausel des Vertrages verleiht ihm sogar das Recht, in seiner Freizeit Basketball zu spielen, wann und wo immer er will. Den meisten Profis ist dies wegen der Verletzungsgefahr strikt untersagt. Jordan bedankt sich auf seine Art. Der mit 1,98 Meter relativ kleine Spieler ist häufig in Korbnähe zu finden und dank seiner Sprungkraft und Finesse mühelos in der Lage, den Abwehrriesen manches Schnippchen zu schlagen. Mit einem Durchschnitt von 34 Punkten pro Match ist der Modellathlet, der bei einem Gewicht von knapp 93 Kilo nur vier Prozent Fett aufweist (die meisten Athleten haben sieben, der durchschnittliche US-Mann 15 Prozent), auf dem besten Wege, wieder „Top Scorer“ der NBA zu werden. Nur eines fehlt ihm noch, dem „Superman in Shorts“, wie er gelegentlich genannt wird: der Meistertitel. Aber der wird trotz der Krise der Lakers vorläufig wohl ein Traum bleiben. Die Bulls belegen in der „Central Division“ momentan einen Platz, der nicht mal für die Play-Off-Runde reichen würde.

Matti

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