: „Plastik„-Geschosse fordern viele Opfer
Im Dezember über 400 Verletzte und 31 Tote in den israelisch besetzten Gebieten durch sogenannte Plastikgeschosse - sie bestehen zu 70 Prozent aus Zink / UNO-Kliniken versorgten 1988 12.000 Verletzte ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin
Der Dezember 1988 war mit 31 Toten und über 400 Verletzten einer der härtesten Monate in den israelisch besetzten Gebieten seit Beginn des Aufstands der PalästinenserInnen. Jossi Sarid, Abgeordneter der Bürgerrechtspartei, führt die hohe Zahl der Opfer auf Plastikgeschosse zurück, die seit August vergangenen Jahres von der Armee gegen DemonstrantInnen eingesetzt wer den. Sarid hat jetzt den Oberstaats anwalt und Regierungsberater Josef Charish aufgefordert, den Einsatz dieser Munition in der Westbank und dem Gaza-Streifen zu untersagen.
„Seit Beginn der Intifada ist der Dezember der Monat mit der größten Zahl an palästinensischen Opfern gewesen“, erklärte der Abgeordnete. „Als man noch 'normale‘ Munition einsetzte und die Regeln für den Schußwaffeneinsatz streng befolgt wurden, gab es viel weniger Opfer als jetzt, wo der Einsatz von Plastikgeschossen zur Auflösung der Disziplin führt.“ Jossi Sarid weist darauf hin, daß die Patronen nur zu zehn Prozent aus Plastik bestehen, die Kugel setzt sich aus siebzig Prozent Zink und zwanzig Prozent Glas zusammen.
Die Verwendung von weniger tödlichen Geschossen hat auch die Schwelle zu dem Einsatz scharfer Munition herabgesetzt und dazu geführt, daß heute häufiger mit Blei aus kurzer Entfernung geschossen wird - dies um so mehr, als auch die Regelungen zur Feuereröffnung flexibler ausgelegt werden.
Ärzte aus einem Krankenhaus im Ost-Jerusalem wiesen darauf hin, daß der verbreitete und oft gezielte Einsatz der Plastikgeschosse zu ernsten und oft mehreren Verletzungen gleichzeitig führt. Die genaue Zahl der Verwundeten ist schwer zu ermitteln. Denn viele Verletzte suchen kein Krankenhaus auf, da sie befürchten, inhaftiert zu werden.
Die Klinken der UNO-Organisation für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) haben im vergangenen Jahr über 12.000 Verwundete behandelt, ärztliche Selbsthilfegruppen der PalästinenserInnen verplegten über 4.000. Besonders in Fällen schwerer Verletzungen läßt sich ein Aufenthalt in einer Klinik nicht vermeiden. Im Mukassed-Krankenhaus von Ost-Jerusalem wurden im Vorjahr über 3.500 Schwerverletzte versorgt, von denen sich zwei Drittel mehrfach Operationen unterziehen mußten. Im Frauenkrankenhaus von Nablus (Westbank) wurden fast 4.000 Palästinenserinnen behandelt. Ärzte in den besetzten Gebieten beklagen sich darüber, daß die Besatzungsbehörden komplizierte Eingriffe, die oft nur in israelischen Krankenhäusern möglich sind, erschweren. Hohe Kosten, die im voraus erstattet werden müssen, machen es vor allem PalästinenserInnen aus den Flüchtlingslagern praktisch unmöglich, sich notwendigen Eingriffen zu unterziehen.
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