: 218-Anzeige: „Humanitätsverlust“ beklagt
■ Bonner Justizstaatssekretär Jahn vermißt „Schutzmaßstäbe“ für ungeborenes Leben
Berlin (taz) - Erste Reaktionen auf die Anzeigen-Kampagne grüner Frauen gegen den Paragraphen 218 kamen bereits aus dem Justizministerium: „Die Selbstbezichtigungskampagne der Grünen in Sachen Abtreibung zeugt von einem erschreckenden Verlust an Humanität“, erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im Justizministerium, Jahn. Es sei widersinnig, daß die Grünen, die den Tod der Robben- und Seehundbabies anprangerten, für das ungeborene menschliche Leben keine Schutzmaßstäbe anerkennen wollten.
Die beiden Anzeigen unter dem Titel „Herr Staatsanwalt, Sie werden sich übernehmen“ - die erste davon war bereits gestern in der taz erschienen - richten sich gegen die Verfolgung und Kriminalisierung von Frauen, die abgetrieben haben. Insbesondere wenden sich die rund 600 UnterzeichnerInnen gegen die „frauenfeindliche Praxis“ der Prozesse im bayerischen Memmingen. Die Anzeigen wurden von Frauen unterschrieben, die abgetrieben haben und von Frauen und Männer, die die Aktion unterstützen. Die gemeinsame Liste von Selbstbezichtigerinnen und UnterstützerInnen wurde von einer der drei Initiatorinnen, der Frauenreferentin der baden-württembergischen Grünen, Inge Leffhalm, damit begründet, daß es nicht nur um die Strafverfolgung einzelner gehe. Alle, die sich gegen die frauenverachtenden Auswirkungen des Paragraphen 218 wehren, seien gesellschaftlichen Diskriminierungen und anonymen Anzeigen ausgesetzt.
Ein Sprecher des Justizministeriums betonte inzwischen, kein Vertreter des Ministeriums habe Ermittlungsverfahren angekündigt. Dies sei nicht Sache des Justizressorts. Der Sprecher schloß aber nicht aus, daß die Frauen mit Ermittlungsverfahren rechnen müßten, wenn einzelne Staatsanwaltschaften diese einleiteten.
lu
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen