: Rühe betreibt Schadensbegrenzung
CDU-Politiker wirbt in USA um Verständnis für Bonns Haltung zu libyscher Chemiefabrik ■ Aus Washington Stefan Schaaf
Der Streit um die chemische Fabrik in Libyen, der zu immer bittereren Tönen zwischen Bonn und Washington führte, soll möglichst rasch unter den Teppich gekehrt werden. Während in der Bundesrepublik noch von einer Kampagne der US-Medien geredet wird, gibt es auch die Ansicht, daß die Kontroverse in der Übergangsphase zwischen der Reagan- und der Bush -Administration etwas außer Kontrolle geraten sei. Eine seit längerem geplante USA-Reise des CDU-Politikers Volker Rühe wurde unter diesen Bedingungen bereits an ihrem ersten Tag zu einer Expedition in Sachen Schadenskontrolle. Er sei sich mit dem künftigen US-Sicherheitsberater Scowcroft, die Vorfälle „rigoros aufzuklären“, völlig einig gewesen. „Das Problem waren Stimmen, die am politischen Willen Bonns gezweifelt haben“, sagte Rühe, doch dies sei nun vom Tisch. Das Bild, das in den USA von der Bundesrepublik als einem Land gezeichnet wurde, in dem der Profit vor die Moral gehe, sei „unerträglich“.
Die Besorgnis Washingtons über den Industriepark bei Rabta geht bis zum Februar 1985 zurück. Damals unterzeichnete der japanische Konzern JSW einen Kontrakt über Hilfe beim Bau einer „Entsalzungsanlage“, die sich später als Metallfabrik entpuppt habe, in der man Bombenhüllen herstellen könne. Seit Dezember 1987 weiß der US-Geheimdienst von der Baustelle der chemischen Fabrik, deren isolierte Lage in der Wüste Verdacht erregte. Anfang 1988 seien von einem westlichen Unternehmen zur Chemiewaffenproduktion erforderliche Materialien geliefert worden. Besondere Lagervorrichtungen, Verarbeitungsgeräte und Sicherheitsvorrichtungen seien festgestellt worden. Im Juli 1988 habe die CIA aufgrund dieser Erkenntnisse und der Aussagen von arabischen und westlichen Arbeitern, die an Ort und Stelle gewesen sind, geschlossen, daß Gaddafi in Rabta tatsächlich eine Chemiewaffenfabrik errichte. Zu jenem Zeitpunkt hatte die CIA auch die Handelswege ausfindig gemacht, auf denen Firmen aus der Bundesrepublik und anderen westeuropäischen Ländern über ein Geflecht von Zwischenhändlern an Libyen geliefert hatten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen