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„Aids hat hier keinen Platz“

Roms High-Society schikaniert städtische Betreuungsstelle für Aidskranke Allianz von Prominenz und Polizei: Beamte riegeln Zufahrtswege ab  ■  Aus Rom Werner Raith

„Ich hab geglaubt, ich spinn'“, berichtet, noch immer sichtlich verwirrt, Gianni De Rica, seines Zeichens Maurer und derzeit beschäftigt mit der Renovierung eines gut hundert Jahre alten Häuschens im Park der Villa Glori in Roms Nobelquartier San Lorenzo: „Da fahr ich wie jeden Tag mit meinem Wagen in den Park rein, kommt so ein Stadtpolizist daher und schreibt mich auf. Ich zeig ihm meinen Sonderausweis, nichts zu machen: 40.000 Lire Strafe.“ Auch einen Sozialarbeiter haben die Carabinieri festgehalten und sogar der städtische Sozialdezernent hatte Schwierigkeiten, in den Park zu gelangen.

Roms Villa Glori gehört derzeit zu den bestbewachten „Festungen“ der Stadt. Nicht etwa, weil dort wegen Anschlägen Gefährdete ihr Domizil haben, auch nicht, weil Geheimnisvolles dort gebunkert wird - in den lange nicht genutzten Gebäuden des städtischen Parks hat die Kommune ein Aidszentrum eingerichtet. Und das hat bei der römischen High -Society der Umgebung eine Art „kalter Revolution“ (Sozialdezernent Antonio Mazzocchi) ausgelöst: „Hier“, so eine Schauspielerin naserümpfend während einer Protestversammlung am vergangenen Sonntag, „hat Aids keinen Platz.“ „Wir verstehen“, säuselt ein Staranwalt ins Mikrofon, „daß man etwas tun muß für Leute dieses Schlages. Doch schließlich haben nicht wir sie angesteckt, die Krankheit haben sie sich selber geholt. Darum plädieren wir dafür, ihnen ihre Sterbestätten außerhalb der bewohnten Gebiete zu schaffen.“

Der Aufstand gegen das erste römische Betreuungszentrum mit Tagesheim und Dauerklinik für die gemeldeten rund 3.500 Aidskranken der Stadt rührt nicht von ungefähr: Kommunale Beamte wie Regierungspolitiker tragen mit ihrer Informationspolitik viel dazu bei, die BürgerInnen zu verwirren. Kein Wunder, daß da nun abstruse Ideen entwickelt werden. Man könne doch, so ein San-Lorenzo-Bewohner, „das Krankenzentrum nicht ausgerechnet so bauen, daß der Westwind alle Bakterien von denen zu uns herüberweht“, ein anderer vermutete, daß „aufgrund der unterirdischen Wasserströme künftig auch alle anderen Parks in Rom vergiftet sein werden“.

Sozialdezernent Mazzocchi will, vorderhand jedenfalls, nicht nachgeben. In einem Brief an den Gesundheitsminister und an seinen „lieben Freund Giubilo“ - den Bürgermeister Roms - hat er ein eindeutiges Ja oder Nein zur Aidsbetreuung gefordert. Ob dies die Situation entschärfen wird, bleibt fraglich. Die Polizisten rund um den Park jedenfalls berufen sich auf „klare Order von oben“, die Wege im Park „absolut autofrei“ zu halten - sie wollen nicht einmal Krankenautos hineinlassen.

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