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C-Waffen-Konferenz endet unverbindlich

Zwar einhellige Zustimmung der 151 Teilnehmerstaaten zur Schlußerklärung von Paris, aber keine ohne bindende Unterschrifen / Maßnahmen zur Verhinderung von C-Waffen-Produktion nicht beschlossen / Lediglich Forderung nach baldigem Vertrag  ■ Aus Paris Andreas Zumach

Einhellige Zustimmung zur tagelang umkämpften Mitschlußerklärung, aber keine völkerrechtlich bindende Unterschrift der 151 Teilnehmerstaaten: So ging gestern in Paris die internationale Chemiewaffenkonferenz zuende. Die VertreterInnen einiger Staaten gaben in eigenen Erklärungen Vorbehalte zu einzelnen Punkten des Textes zu Protokoll.

Das Schlußdokument betont als vorrangiges Ziel die „Notwendigkeit, einen Vertrag über das weltweite, zeitlich unbegrenzt gültige umfassende Verbot der Entwicklung, Produktion und Lagerung chemischer Waffen zum frühest möglichen Zeitpunkt abzuschließen und seine Einhaltung effektiv zu kontrollieren“. Staaten, die für ein konkretes Abschlußdatum der Genfer C-Waffen-Verhandlungen plädiert hatten, konnten sich nicht durchsetzen.

Vor allem von den USA geforderte konkrete Maßnahmen zur Verhinderung der C-Waffen-Produktion wurden nicht beschlossen. Selbst der Begriff „Proliferation“ – ein Reizwort für die neutralen Staaten – kommt im Text nicht vor. Es wird lediglich „schwere Sorge über die Verbreitung chemischer Waffen“ geäußert. Dafür wird andererseits auch die „vertikale Proliferation“ nicht verurteilt. Das war von den Neutralen vor allem im Blick auf die C-Waffen-Rüstung der USA verlangt und von Washington abgelehnt worden. An die Staaten, die derzeit C-Waffen besitzen beziehungsweise aufstocken, wird lediglich appelliert, „Zurückhaltung zu üben und sich verantwortlich zu verhalten“.

Die Neutralen und unter ihnen vor allem die arabischen Staaten konnten sich auch nicht mit ihrer Forderung nach Verknüpfung von chemischer und atomarer Abrüstung durchsetzen. Zu diesem Thema wird nur das Schlußdokument der ersten UNO-Abrüstungssonderkonferenz von 1978 zitiert: Darin wurde die „Notwendigkeit von entschiedenen Bemühungen um allgemeine, umfassende Abrüstung unter effektiver internationaler Kontrolle“ betont. Die Staaten versprechen außerdem, sich an das Genfer Protokoll von 1925 zum C-Waffen –Einsatzverbot zu halten, fordern weitere Staaten zur Unterzeichnung des Protokolls auf. Außerdem bekunden sie die Bereitschaft zur Stärkung des Kontroll- und Verifikationsinstrumentariums für den UNO-Sicherheitsrat und –Generalsekretär im Fall von behaupteten Chemie-Waffen –Einsätzen. Auf Sanktionen und Hilfsmaßnahmen für C-Waffen –Opfer konnten sich die 151 Staaten nicht einigen.

Nach Überprüfung des gestrigen taz-Berichtes durch Recherchen beim Pentagon meldete auch die US-Fernsehgesellschaft NBC, daß die USA die Entwicklung chemischer Sprengköpfe für Cruise Missiles, Abstandwaffen und den Mars-Raketenwerfer planen und dafür Gelder im Haushaltsentwurf vorgesehen sind. Der sowjetische Delegationsleiter bei den Genfer C-Waffen –Verhandlungen sprach von einem „gefährlichen Schritt der Amerikaner, der in totalem Gegensatz zum Geist der Verhandlungen und der Pariser Konferenz steht“.

Die französischen Firmen Altesex S.A.E., Etienne Lacroix und SNPE bestätigten gegenüber dem französischen Fernsehsender „Antenne 2“ die Meldungen, wonach sie chemische Kampfgase und Waffen (-bestandteile) produzieren (taz vom 7.1.1988). Daraufhin berichtete „Antenne 2“ als erstes der etablierten Medien Frankreichs am späten Mittwoch abend über die bislang von der Regierung Mitterand bestrittenen französischen C-Waffen-Arsenale und –Produktion.

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