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Senatorinnenschirm fürs AUGE

■ UmweltministerInnen propagieren: AEG, Opel, Tetra Pak rundum umweltfreundlich. Wie konzern- und umweltfreundlich in Waschmaschinen und Autos investieren

Bremens Werbelandschaft ist in Bewegung. Kaum sind die Wogen um den Werbeflirt von Stadthallenchef Seesing mit der auswärtigen Holsten-Brauerei geringfügig abgeebbt, hat sich die Umweltschutzsenatorin als Marketing-Topstar entpuppt: Acht Konzerne gleichzeitig, von A wie AEG bis T wie Tetra Pak, haben Bremens oberste Umweltschützerin für einen absatzfördernden Auftritt engagiert unter dem Motto

„Umweltfreundliche Haushalte 1989“.

Für welche Art Umweltfreundlichkeit die Haushalte 1989 gewonnen werden sollen, machte Dr. Maximilian Gege von der Aktionsgemeinschaft Umwelt, Gesundheit, Ernährung (AUGE) deutlich. „Wir wissen, daß in Millionen Haushalten veraltete Waschmaschinen mit hohem Wasserverbrauch stehen“, erläuterte er, „wir wollen, daß die ersetzt werden.“ Den Weg zur Investition in eine neue Waschmaschine oder ein Katalysator -Auto soll eine Fragebogenaktion ebnen helfen. Finanziert wird der Coup von acht Sponsoren.

Und weil AUGE über ein „Kura torium“ mit lauter netten, umweltfreundlichen Menschen von Loki Schmidt (anerkannte Blumenfreundin) bis Hoimar von Ditfurth (Vater von Jutta D.) verfügt, haben sämtliche bundesdeutsche UmweltministerInnen die Schirmherrschaft für die konzertierte Absatzsteigerungsaktion der acht Großfirmen übernommen.

In dem mit Firmensignets der Sponsoren gespickten Faltblatt sollen VerbraucherInnen zum Beispiel ankreuzen, ob sie Vollwaschmittel mit oder ohne Phosphat benutzen (Sponsor Nr.7: Procter & Gamble), ob sie Getränke überwiegend in Einweg-Flaschen, Pfandflaschen oder Kartonverpackungen kaufen (Sponsor Nr.8 Tetra Pak) und wann sie ihr nächstes Fahrzeug anschaffen werden (Sponsor

Nr.4: Opel).

Wer den Umweltbewußtsein fördernden Fragebogen ausfüllt, kann „Traumautos“, mit Katalysator selbstverständlich, gewinnen. Für die Firmen fallen ein paar Daten zum KundInnenverhalten ab, und - viel wichtiger - sie geraten in den heißersehnten Ruch der Umweltfreundlichkeit.

Die Verteilung der Fragebögen besorgen die Sponsoren: Wer in den nächsten Monaten einen Otto-Katalog bestellt, kann ebenso umweltbewußte Kreuze anbringen wie die KundInnen der Commerzbank.

Umweltsenatorin platzte..

Bundesumweltminister Klaus Töpfer hatte am Dienstag in Bonn die Jagd auf die Geldbeutel umweltbewußter VerbraucherInnen eröffnet. Bremen war die erste

Station der Umwelt-Tingeltour durch die Bundesländer. Nach dem AUGE-Töpfer-Auftritt vom Vortag war Lemke-Schulte offenbar vorgewarnt. Ihre Schirmherrschaft sei nicht mißzuverstehen als Unterstützung der Sponsor-Firmen („Ich könnte mir für Bremen eher eine Unterstützung von Daimler Benz vorstellen, ist klar, ne.“). Außerdem sei ein Vergleich mit der Volkszählung verfehlt, denn die Beantwortung sei absolut freiwillig. Und wünschte der Aktion viel Erfolg.

Als einer der reichlich unters Pressevolk gemischten beanzugten Sponsoren-Vertreter - Herr Schneider von Tetra Pak - zu einem vehementen Plädoyer zugunsten von Einwegverpackungen für Milch und Saft anhob, platzte der Senatorin allerdings der Halsreif. Die Häppchen blieben weitgehend unberührt.

Gaby Mayr

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