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„Das ist böse“: Kunick Bausenator

■ Umweltschutz wieder ohne Stadtplanungskompetenz / Wedemeier gibt Protesten der Handelskammer nach und bricht Beschluß des SPD-Landesparteitags / Senatsdirektor Schulte muß gehen

Am morgen war die Stadtentwicklungs-Senatorin, Eva-Maria Lemke-Schulte, noch froh: Da zog sie ein Säckchen vom Straßenschild und taufte so den Platz zwischen C&A und Bremer Carree in „Hanseatenhof“. Am abend ging es der Senatorin hörbar schlechter, denn inzwischen war beschlossen, daß es zukünftig wieder ein eigenes Bauressort geben soll. Eva-Maria Lemke-Schulte, gestern abend de facto nur noch Umweltsenatorin: „Rufen Sie doch beim Bürgermeister an.“ Bevor sie sich wegen Zeitmangels entschuldigte, sagte sie immerhin noch soviel: „Sie kennen doch den Beschluß des Landesparteitags. Dem habe ich damals zugestimmt.“

Dieser Parteitags-Beschluß von Ende November 1988 ist seit gestern Makulatur: Auf Vorschlag ausgerechnet von Klaus Wedemeier beschlossen die GenossInnen damals , daß die bauenden Abteilungen der Stadtentwicklungs-Behörde ausgegliedert und Konrad Kunick unterstellt werden sollten. Die Stadtplanung aber - alle Entscheidungen also, was wo warum wozu gebaut wird -sollte bei Lemke-Schulte bleiben, damit die Verknüpfung von Stadtentwicklung und Ökologie auch weiterhin gewährleistet bleibe.

Nachdem in den vergangenen Wochen Handels-Und Architektenkammer heftige ablehnenden Stellungnahmen abgegeben hatten, wurde gestern der Schwenk verkündet: In Bremen gibt es künftig wieder einen Senator für

das Bauwesen und der heißt Konrad Kunick. Bis auf den Gartenbau, die Wasser-und die Abfallwirtschaft, die beim Umweltressort verbleiben, ist der Behördenzuschnitt von vor der Bürgerschaftswahl wieder hergestellt. Damit Eva-Maria Lemke-Schulte nicht auch noch das Schild „Stadtentwicklung“ von der Behördentür abschrauben muß, darf sie ein Referat „Ökologische Stadtentwicklung und Stadterneuerung“ einrichten.

Wedemeiers Begründung für die Abkehr von dem Landesparteitagsbeschlusses, den er immer

hin selbst vorgeschlagen hatte: „Mir geht es darum, eindeutige politische Verantwortlichkeiten sicherzustellen. Bürgerinnen und Bürger, Beiräte und Initiativen brauchen einen politisch verantwortlichen Ansprechpartner.“

Konsequenzen hat die Rückkehr zum Bauressort auch für Lemke -Schultes Stellvertreter, Senatsdirektor Hans-Otto Schulte. Nach nur knapp einjähriger Amtszeit als Senatsdirektor muß Schulte schon wieder seinen Schreibtisch räumen. Begründung des künftigen Bausenators: Schulte habe so viele Vorurteile

gegen sich mobilisiert, daß es nicht möglich sei, mit ihm einen Neubeginn zu starten. Für Schulte wird jetzt ein Posten an der Universität gesucht.

Der Nachfolger für den Kurzzeit-Senatsdirektor ist bereits gefunden. Er heißt Manfred Osdorf, kommt aus Hagen/Westfalen ist immerhin schon 55 Jahre alt und leitet dort seit mehreren Jahren das Baudezernat.

Mit der Umstrukturierung ist auch das Behördenraumkonzept Makulatur. Ursprünglich war viel planerischer Ehrgeiz in die Idee gegegangen, im leerstehen

den Berufsbildungszentrum, die auf die Stadt verteilten Ämter des Stadtentwicklungs-und Umweltschutzressorts zusammenzulegen. Kunick: „Solange ich Senator für das Bauwesen bin, passiert das nicht.“ Umziehen müssen wird dagegen wohl Lemke-Schulte - zurück an ihren alten Schreibtisch in der Birkenstraße.

Die gestern in einer Arbeitsgruppe festgezurrten Beschlüsse, sollen in der kommenden Woche noch offiziell vom Senat und der SPD-Fraktion nachvollzogen werden. Da auch SPD -Fraktionschef Claus Dittbrenner an den Beratungen beteiligt war, werden diese Gremien Wedemeier kaum Steine in den Weg legen.

In der Partei aber beginnt es zu gären. Armin Stolle, Vorsitzender des Unterbezirks-Ost gestern: „Das ist böse. Das ist eine Herausforderung der Landespartei, wie sie in dieser Form noch nicht stattgefunden hat. Ich war davon ausgegangen, daß man sich nicht so leicht der Wirtschaft beugen würde.“

Detmar Leo, SPD-Vorsitzender im Bremer Norden zeigte sich „enttäuscht, daß Bremen-Nord nicht zumindest informiert wurde.“ Hatte doch Wedemeier nach dem Rücktriit von Innensenator Bernd Meyer öffentlich versprochen, daß Bremen -Nord künftig an Entscheidungen des Senats beteiligt werde, auch wenn kein SPD'ler aus diesem Unterbezirk mehr im Senat sitzt. Leo: „So läuft das nicht. Da sind neue Konflikte vorprogrammiert worden.“

Holger Bruns-Kösters

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